eJournals Kodikas/Code 37/3-4

Kodikas/Code
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2014
373-4

RE/SIGNATION

2014
Martin Endres
RE/ SIGNATION Revision einer ‘(ein)schreibenden Entschreibung’ Martin Endres (Leipzig) Roland Barthes’ analysis of Cy Twombly’s work develops the idea of an ‘inscription through exscription’ - the idea of a ‘pure gesture’ of writing that separates or even releases the aesthetic ‘production’ from the ‘product’ and the act of writing from its effect. By contrast, the following paper argues that the ‘inscription through exscription’ should be thought of as a reflexive mode of writing, i.e. as a dia-logical relation of subject and object, conscious and unconscious, intention and contingency. It should not be reduced to either side of this dichotomy. In order to substantiate this claim I will reflect on the etymology of the latin word ‘resignare’ and propose a close reading of selected works by Cy Twombly and Friedrich Hölderlin. Thereby, I will gain a new understanding of ‘aesthetic scripturality’ in art and literature - i.e. of the idea of ‘writing of/ as resignation’. 1 Einleitung In seinen Studien zu Cy Twombly setzt sich Roland Barthes so intensiv wie kaum an einer anderen Stelle in seinem Werk mit einem Aspekt der ‘Schrift’ und des ‘Schreibens’ auseinander, den er wenige Jahre zuvor in einem davon abgelösten Kontext mit den Fragen “Wo beginnt die Schrift? Wo beginnt die Malerei? ” (Barthes 1981: 35) von zwei Seiten einfasst. Twomblys Arbeiten, so Barthes, zeichnen sich in der Überschreitung bzw. Verwischung der Grenzen von Linie und Schrift dadurch aus, dass sie nur ein “Anspielungsfeld der Schrift” (Barthes 1983: 8; Hervorh. im Original) darstellen, welches sie von zwei vorherrschenden Vorstellungen befreit und ein ansonsten unbesehenes Moment hervortreten lässt: “TW [Twombly; M.E.] sagt auf seine Weise, daß das Wesen der Schrift weder eine Form noch ein Gebrauch ist, sondern bloß eine Geste” (ebd.: 9). Die (ästhetische) Erfahrung, die Twomblys Zeichen- und Schriftzüge Barthes zufolge ermöglichen, entkoppeln das vonseiten idealistischer Kunsttheorie mehrstimmig geforderte Zugleich des ‘Produzierenden mit dem Produkt’ und lenken den Blick allein auf die ‘Schreibung’ respektive ‘Zeichnung’ der Hand: “Es wird nicht verlangt, das Produkt zu sehen, zu denken oder auszukosten, sondern die Bewegung, die hier angelangt ist, erneut zu sehen, zu identifizieren und sozusagen zu ‘genießen’” (ebd.: 16). Die Geste und ‘Gebärde’ des Zeichnens sei es, die sich - in Abgrenzung zur “Botschaft, die eine Information erzeugen” und zum “Zeichen, das eine Einsicht hervorbringen will” - als ein Produzieren ohne Produkt, wenn nicht sogar als ein Produzieren ohne Produzieren behaupten und so die “Unterscheidung zwischen Ursache und Wirkung, Motiv und Ziel, Ausdruck und Appell” aufheben würde (ebd.: 11f.; Hervorh. im Original). Barthes nimmt diese Diagnose zum Anlass, daraus eine allgemeine Charakterisierung des K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 37 (2014) No. 3 - 4 Gunter Narr Verlag Tübingen Martin Endres 262 1 Cf. Forcellini 1926: s.v. resigno; Fresne Du Cange 1954: s.v. resigno. 2 Cf. Forcellini 1926: s.v. resigno. 3 Cf. Quicherat 1878: s.v. resigno. ‘Künstlers’ (überhaupt) als “Gebärdenmacher” abzuleiten: Der Künstler “will einen Effekt herbeiführen und gleichzeitig will er es nicht; die Effekte, die er produziert, hat er nicht unbedingt gewollt; es sind zurückgewandte, umgedrehte, ausgebrochene Effekte, die auf ihn zurückfallen und Modifikationen, Abweichungen, Erleichterungen der Spur hervorrufen” (ebd.: 11). Die Bewegung der zeichnend-schreibenden Geste trägt für Barthes dabei eine paradoxe Gegenwendigkeit in sich, insofern sie - um der Fixierung und Stillstellung sowie den intentionalen Verbindlichkeiten zu entgehen und um zu vermeiden, zu einem Zeichen für anderes und nicht für sich instrumentalisiert zu werden - sich selbst zurücknehmen muss: Das Geschriebene ist “hingeschrieben worden, dann weggeschrieben; geschrieben, entschrieben; […] aber nur, um dieses Auswischen selber zu lesen zu geben” (ebd.: 19). Diesen Gedanken der ‘(ein)schreibenden Entschreibung’ möchte ich aufgreifen, ihn jedoch gleichzeitig von der Argumentation und den Konnotationen Barthes’ lösen. Das Gegenwendige des (ästhetischen) Schreibens ist meines Erachtens weder so zu verstehen, dass hier “das Leben (die Kunst, die Geste, die Arbeit) ohne Verzweiflung vom unvermeidlichen Verschwinden Zeugnis ablegt” (ebd.), noch kann es - in Barthes’ Terminologie - mit dem Begriff des ‘linkischen Schreibens’ gefasst werden, das im Zuge einer Auflehnung gegen die “repressive[] Rationalität” sich von jeder Kontrolle lossagt und unbewusst, ‘blind’ und ‘richtungslos’ nur noch dem “Verlangen [der] Hand” folgt (ebd.: 16). Zudem möchte ich darlegen, dass sich die Vorstellung einer Trennbarkeit des ‘Produzierens’ vom ‘Produkt’ und mit ihm die einer Ablösung des Subjekts vom Objekt des Schreibens nicht halten lässt und sowohl dem Anspruch der Überlegungen Barthes’ sowie dessen Beobachtungen mit Blick auf Twomblys Werk nicht gerecht werden. Demgegenüber zielt meine Studie darauf, die ‘(ein)schreibende Entschreibung’ von einem Wort her zu denken, das diese grundsätzliche Dichotomie (und alle aus ihr folgenden Gegensätze wie ‘Subjekt/ Objekt’, ‘aktiv/ passiv’, ‘bewusst/ unbewusst’, semantisch/ a-semantisch) an und in sich austrägt: vom Wort ‘Resignation’. Bevor ‘Resignation’ auf die Bedeutung ‘fromme Hingabe’, ‘ruhige Fügung’, ‘Selbstaufgabe in Ansehung göttlichen Willens’ oder (im weltlichen Bereich) ‘Amtsniederlegung’, ‘Rückerstattung’, ‘Rückzahlung’ oder ‘Verzicht’ reduziert wurde, wies das Wort eine ungleich reichere Semantik auf, die im Begriffsfeld der Schrift liegt. Seinen semantischen Ursprung besitzt das Wort in der Bezeichnung verschiedener Schreibhandlungen, die von basalen Vorgängen des Schreibens (‘Zeichen setzen’, ‘auftragen’, ‘eindrücken’ oder der entgegengesetzten Bewegung ‘Zeichen entfernen’, ‘auflösen’, ‘vernichten’, ‘aufheben’ 1 ) über konkrete Schreibpraktiken (‘schriftlich antworten’, ‘schriftlich widerlegen’, ‘schriftlich wiederholen, neu schreiben’ 2 ) und juristischen Vorgängen (‘einen Vertrag/ eine Urkunde gegenzeichnen’) bis hin zur Benennung von Handlungen reichen, die (wie beispielsweise das ‘Erbrechen eines Briefsiegels’ 3 ) in den weiteren Kontext von Schrift gehören. Vergleicht man die Bedeutungskomplexität des Resignationsbegriffs mit seiner heutigen Semantik, fällt auf, dass er seinen auf Schrift bezogenen, objektiven Charakter verloren hat und sich auf das Subjekt und dessen psychologische Verfasstheit reduzierte. Dieser Verlust ist symptomatisch: Die nivellierende Transformation, die das Wort ‘Resignation’ erfahren hat, RE/ SIGNATION 263 zeigt Parallelen zum Verständnis von ‘Schrift’, deren Materialität und Eigenlogik in ihrer sinnlichen Gestalt zugunsten ihrer Funktionalität als Aufzeichnungsmedium oder sekundäres Mittel der Präsentation und damit der ‘Verwendung’ durch das Subjekt in den Hintergrund trat. Ausgehend vom Begriff ‘Resignation’ soll im Folgenden ein Verständnis ästhetischer Skripturalität skizziert werden, das sich diesem Desiderat der Forschung annimmt und unterschiedliche Phänomene ‘resignierenden’ Schreibens in der Kunst und der Literatur untersucht - exemplarisch an Arbeiten von Cy Twombly und Friedrich Hölderlin. Geleitet von der Frage, was unter dem ‘Re-’ der Resignation als Index für ein gegenläufiges und zugleich wiederholendes Moment des Schreibens zu denken ist, begreife ich Resignation als sinnlich-sinnhafte Re-Aktion auf ein Anderes hin - sei es das weiße Blatt bzw. der Weißraum des (noch) Unbeschriebenen, sei es ein Schriftzug, ein einzelnes Wort oder ein ganzer Text. Dieses ‘Andere’ steht meines Erachtens immer schon im Horizont von Schrift, so dass Schreiben grundsätzlich eine im Wortsinn ‘re-signierende’ Handlung darstellt. Zugleich geht es mir darum, den Prozess der resignierenden Verfahrensweise in seiner Umkehrbewegung zur Abblendung oder Relativierung des Sprachcharakters der Schrift neu zu begreifen. Insofern die Materialität bzw. die aisthetische Dimension von Schrift - im Sinne Barthes’ - ihre Instrumentalisierung zu einem reinen Darstellungsmedium unterläuft, kann sie gerade Anlass einer konstitutiv ‘resignierenden’ Denk- und Schreibbewegung sein. Diese Revision des Schrift- und Schreibbegriffs impliziert dabei aber zugleich die Frage nach dem Subjekt des Schreibens. Die verschiedenen Aspekte der Resignation sind hier mit dem (von Barthes, wie oben zitiert, explizit) zurückgestellten Moment der ‘Verzweiflung’ zusammenzudenken anlässlich der vom Subjekt erfahrenen Unverfügbarkeit und Nicht- Beherrschbarkeit der Schrift. Der sinnlich erfahrene ‘Fremdkörper’ des Geschriebenen evoziert eine Skepsis des Subjekts gegenüber seiner sprachlichen Souveränität, indem er die Funktionalisierung von Schrift unterminiert und damit auch den Status eines ‘vorschriftlichen’ Gedankens. Mit meiner Studie zu Twombly und Hölderlin möchte ich zeigen, dass sich diese Resignation an der Sprache als Vermittlungswerkzeug in eine ästhetisch-produktive Resignation der Schrift positiv umwenden kann. Die materielle Schrift stellt als autonomer ‘Gegen-Stand’ mit einer eigenen Logizität den ‘Anderen’ innerhalb eines dia-logischen Produktionszusammenhangs dar. Der Refus subjektiver Souveränität und die zugleich entstehende sinnliche Stimulanz im vielgestaltigen ‘Kontakt’ mit der Körperlichkeit und Materialität von Schrift wird so zur Bedingung kreativer wie kognitiver Prozesse. Die Spannung zwischen ‘Setzen’ und ‘Ent-Setzen’ (an) der Schrift soll dabei letztlich (in kritischer Revision und Neubestimmung des Terminus Barthes’) als ‘(ein)schreibende Entschreibung’ verstanden werden - und damit als Resignation. 2 Twombly Den Ausgangspunkt meiner Überlegungen bilden auch für mich Arbeiten Cy Twomblys - in diesem Fall 38 Zeichnungen, die von Twombly unter dem Titel Letter of Resignation zu einem Zyklus zusammengefasst wurden. Twomblys ‘Letter’ sind Arbeiten auf Papier, die eine besondere Auseinandersetzung mit Schrift und ihrem Bildcharakter darstellen, insofern sie die Funktion des Briefes als Medium und Kommunikationsmittel formal thematisieren Martin Endres 264 Abb. 1: Entnommen aus: Cy Twombly 1991: Letter of Resignation, herausgegeben und mit einem Text versehen von Heiner Bastian, Berlin/ Rom: Schirmer Mosel, Blatt XXXVIII, verkleinert und gleichzeitig dekonstruieren. Der Letter of Resignation versammelt dabei nahezu alle Aspekte der Schrift, die in den genannten Bedeutungsrahmen von ‘Resignation’ gehören. Die Blätter zeigen unterschiedliche Formen von Streichungen, mehrfach sich wiederholende und überlagernde Überschreibungen, Übermalungen von Schriftlinien durch weiße Farbe, Einfügungen, nachträgliche Ergänzungen sowie Signaturen. Der doppelte Genitiv des Titels Letter of Resignation steht dabei für eine Verschmelzung von Darstellung und Dargestelltem: Twomblys Bilder diskutieren die Momente der Resignation nicht auf einer von der Materialität abgelösten Inhaltsebene, sondern sie sind Ausdruck eines re-signierenden Schreibakts im Akt des Zeichnens. Die Resignation in ihrer konstitutiven Paradoxalität von Zeichen-Setzen und -Aufheben reduziert sich bei Twombly jedoch nicht auf die nachträgliche Operation der Streichung oder Übermalung einer graphischen Spur, sondern vollzieht sich in actu. Auf dem Blatt XXXVIII (Abb. 1), der letzten Zeichnung des Zyklus, lässt sich besonders deutlich erkennen, dass die Buchstäblichkeit der Schrift bereits im Vorgang des zeichnenden RE/ SIGNATION 265 4 Die Assoziation mit der Kurrentschrift legitimiert sich auch durch die Lektürepraxis: Im Lesevorgang dieser Schrift ist das Wiedererkennen der Schriftgestalt bzw. des Schriftbildes gegenüber der Entzifferung einzelner Buchstaben dominant. Insofern die Wortgestalt sich dabei maßgeblich aus der spezifischen Relation von Oberlängen zu den Buchstaben der x-Höhe verdankt, kann Twomblys Nivellierung dieses Kontrastes als selbstreflexive ‘Deformation’ der Schrift verstanden werden. 5 Cf. Barthes 1983: 13: “In den Schriftzügen von TW [Twombly; M.E.] ist die Schrift [als Schrift; M.E.] kenntlich; sie läuft, sie gibt sich als Schrift. Indessen gehören die geformten Buchstaben keinem graphischen Code mehr an, […] auch nicht dem der Destruktion.” 6 Damit setzt sich Twomblys Schrift von jeder Form kalligraphischen Schreibens ab, das auf einer Verbindung von Schrift und Bild unter Wahrung des Buchstabenbzw. Schriftzeichencharakters basiert. Cf. ebd.: 8: Twomblys Schrift geht “[w]eit weg von der Kalligraphie, d.h. von der gestalteten, gezeichneten, gedruckten, gegossenen Schrift, also von dem, was man im 18. Jahrhundert die schöne Hand nannte.” 7 Cf. Barthes 2006: 78/ 79: “Une écriture n’a pas besoin d’être ‘lisible’ pour être pleinement une écriture.” / “Eine Schrift braucht nicht ‘lesbar’ zu sein, um eine Schrift im vollen Wortsinn zu sein.” 8 Cf. resignare in der Bedeutung ‘einen Vertrag/ eine Urkunde gegenzeichnen’ (Forcellini 1926: s.v. “resigno”). Schreibens ‘resigniert’, d.h. aufgehoben ist. In der an die Kurrentschrift 4 erinnernden Zick- Zack-Bewegung der Schriftlinie wird eine geordnete und distinkte Folge von Lettern - wie auch Barthes betont - nur noch imitiert 5 bzw. inszeniert 6 . Die acht gezeichneten ‘Zeilen’ zeigen eine am linken Blattrand immer wieder neu einsetzende Notation unterschiedlicher Intensität und Geschwindigkeit, acht Schriftzüge, die an ihrem Ende zumeist in eine abflachende, an Kraft verlierende und dünner werdende Linie auslaufen. Die Zeilen können dabei als eine Form des Schreibens bezeichnet werden, die die Nähe zur ‘scriptura continua’ sucht, jedoch nur, um diese in einem wesentlichen Aspekt zu unterlaufen. Steht die ‘scriptura continua’ für ein Schriftverständnis, nach dem der ‘eigentliche’ Text sowie dessen Bedeutung erst im mündlichen Vortrag entsteht und das geschriebene Wort lediglich der Memorierung und als Lesehilfe dient, widersetzt sich Twomblys ‘Schrift’ dieser phonozentristischen Position: In ihrer Unlesbarkeit 7 unterminieren die Zeilen ein solches Denken, indem sie die Bedeutung des Geschriebenen gänzlich der materiellen Gestalt der Schrift überantworten und jede Vorstellung eines Sinns ‘außerhalb’ des Schreibens suspendieren. Nur an drei oder vier Stellen lässt sich ein Absetzen der Schreibbewegung innerhalb einer Zeile erkennen und damit von abgrenzbaren Sinn-Einheiten - etwa von ‘Worten’ - sprechen. Die Kontinuität der Schrift geht mitunter so weit, dass Schreiben und Überschreiben bzw. Überzeichnen aus einer Bewegung heraus erfolgen, die Signation und Re-Signation der auf sich selbst zurückkommenden, sich selbst durchkreuzenden und überlagernden Linie in einer künstlerischen Schreibhandlung zusammenfallen. ‘Strukturiert’ wird die Notation auf dem Blatt XXXVIII darüber hinaus durch die Neigung, Breite und ‘Laufweite’ sowie die durch die Größe der Schrift, die - setzt man eine Leserichtung von links oben nach rechts unten an - im Verlauf der Aufzeichnung zunimmt. Auch die ‘Impulsenergie’ des einsetzenden Schriftzuges sowie die ‘Geschwindigkeit’, in der sie sich im Verlauf einer Zeile abbaut, folgt dieser aufsteigenden Logik. Weiterhin wird die ‘Textur’ des Blattes durch den sich von Zeile zu Zeile vergrößernden Einzug bestimmt und schließlich durch die - noch am ehesten entzifferbare - rechtsbündige ‘Signatur’ Twomblys in der neunten Zeile. Diese Topographie der Zeichnung kann als eine kontinuierliche Entwicklung oder gar Emanzipation des Schreibens interpretiert werden, die ihren Zielpunkt in der ‘Unter-Schrift’ des Verfassers findet, die Formierung des zeichnenden Schreibens zu einer lesbaren und wiedererkennbaren Schriftgestalt also erst nach dem Durchgang durch den ‘Text’ möglich wird. Folgt man dieser Deutung, ist jedoch zu fragen, welche Funktion die Signatur besitzt. Ob sie diese Entwicklung des Schreibens ‘resignierend’ affirmiert und beglaubigt 8 oder ob sie als ‘Signatur’ überhaupt Martin Endres 266 9 Cf. Göricke 1995: 65: “Auf einer kleinformatigen Arbeit auf Papier von 1959 [Ohne Titel] ist die Signatur nicht nur ein integraler und konstitutiver Bestandteil der Komposition, sondern möglicherweise sogar ihr Grundmotiv und Sujet, das in allerlei Skripturen variiert wird. […] [Die Zeichnungen Twomblys; M.E.] machen deutlich, daß auch die Signatur - und damit der Repräsentant des Produzenten - nur ein Zeichen unter anderen ist und daß ihr dasselbe Schicksale des Heraufbeschwörens und Verschwindens widerfährt wie den anderen Elementen.” 10 Cf. Bastian 1991: Vorwort: Die “Physiognomie [von Twomblys Schrift; M.E.] ist das unkenntliche Preisgeben, der Augenblick, in dem das, was entstehen kann, auch dessen Verschwinden gewährt.” 11 Diese materielle Kopräsenz findet ihre Analogie in der Gleichwertigkeit von Schwarz und Weiß und ihrer Kontrastspannung der Bildlogik. Cf. Franz Kline, zit. nach Sandler 1974: 245: “Die Leute glauben manchmal, ich nehme eine weiße Leinwand und male ein schwarzes Zeichen darauf, aber das stimmt nicht. Ich male das Weiße ebenso wie das Schwarze, und das Weiße ist nicht weniger wichtig.” noch zur Zeichnung gezählt werden darf/ muss, 9 kann nicht eindeutig oder erschöpfend beantwortet werden. Vielmehr nimmt sie eine besondere Randstellung zwischen Innen und Außen des Kunstwerks ein: Indem sie einerseits eine graphisch-materiell klar angebbare Lokalität auf dem Blatt beansprucht, andererseits jedoch in ihrer Bedeutung weder nur der Textur der Zeichnung angehörig noch als souveräne Schreibhandlung des Künstlers identifizierbar oder fixierbar ist, wird sie zum Ort skriptural-ästhetischer Berührung: Der individuelle, nicht-wiederholbare Schriftzug ist zugleich Repräsentant des schreibenden Subjekts und objektives Moment innerhalb der (sich permanent) resignierenden Schriftlogik. Keine der beiden Seiten ist der anderen zeitlich oder logisch vorgängig, beide konstituieren und formieren sich erst im und durch das Ereignis ihres ‘Kontakts’. Doch nicht erst in dieser komplexen Bildordnung finden sich Aspekte eines ‘berührenden’ Schreibens der Resignation. Bereits die bloße Materialität der Zeichnungen des Letter of Resignation wird in dem aufgespannten Horizont sprechend. So ist es angesichts der konstitutiven Verschränkung von Schreiben und Zeichnen alles andere als nebensächlich, dass Twombly Papierblätter und nicht Leinwände als Malgrund wählt - für alle 38 Zeichnungen verwendet er 240/ 251 x 245/ 253 große, annähernd quadratische und relativ dicke Blätter des Papierherstellers Fabriano. Das recht kleine Format der Blätter evoziert damit den Eindruck von Briefpapier, mit dem - so lässt sich zumindest vermuten - eine Schreib- und Zeichenhaltung auf einer flach auf dem Tisch liegenden Schreibfläche verbunden ist, im Unterschied zu einer stehenden Staffelei oder dergleichen. Aber auch das Schreibbzw. Zeichenwerkzeug wird bedeutsam: Die Schriftlinien erfolgen hauptsächlich mit Bleistift - ein Material, das das Papier nicht ‘graviert’, sondern lediglich auf ihm aufliegt. Die ‘Unverletztheit’ der Schreibfläche infolge dieser nur ‘kontaktilen’ Schrift eröffnet so eine potenzielle Reversibilität des Schreibens, d.h. eine ‘resignierende’ restitutio ad integrum. 10 An der Zeichnung XXXVIII ist dieses ‘berührende’ Schreiben Twomblys besonders gut zu erkennen: Selbst an den Stellen, an denen der größere Druck des Bleistiftes auf dem Blatt einen breiteren Strich zur Folge hat, bleibt die Papierstruktur mit der ihr eigenen Textur sichtbar. Diese ‘Transluzidität’ der Schrift ist dabei nicht etwa nur der Verweis auf das ihr ‘Zugrundeliegende’ oder ‘Hintergründige’. Auch hier ist die Dia-Logizität und Kokonstituenz des resignierenden Schreibens zu beobachten, die uns zuvor am ‘Ort’ der ‘Signatur’ begegnete: Erst im Augenblick des Schriftzugs wird sowohl die graphische Spur des Schreibwerkzeugs als auch die Schreibfläche in ihrer besonderen Faktur und Widerständigkeit sichtbar. 11 Die Berührung von Schreibendem und Schrift spiegelt sich in Twomblys Zeichnungen folglich in der Materialität der Schrift selbst: In der Resignation kommt es nicht allein zu einem singulären Kontakt von ‘Subjekt’ und ‘Objekt’, sondern zugleich zu einem des Schreibenden mit einer Schrift, die wiederum nur im fragilen Kontakt zweier Materialien möglich wird. Mit Jean-Luc Nancy könnte man RE/ SIGNATION 267 Abb. 2: Entnommen aus: Twombly 1991: Blatt XIX, verkleinert diese doppelte Berührung der Resignation als eine potenzierte ‘Außenbeziehung’ beschreiben (cf. Nancy 2007: 111). Die Komplexität dieser ‘Außenbeziehung’ wird durch die formale Entfernung von einem klassischen ‘Schriftstück’ und der Loslösung von einer zeilenorientierten Textualität der Zeichnung noch erhöht. Blatt XXXVIII setzt - nicht zuletzt angezeigt durch die Signatur - nur den Schlusspunkt einer Schreib- und Zeichenbewegung, die sich über den gesamten Letter of Resignation erstreckt. Der finalen Rückkehr zu einer mehr oder minder herkömmlichen ‘Briefform’ gehen vielfältige Schreibweisen voraus, die immer wieder neu und in unterschiedlicher Pointierung und Akzentuierung die Bedingung der Möglichkeit von Schrift und Schreiben zur Darstellung bringen. Vor allem auf den mittleren Blättern des Letter kommt es zu einer Kompilation verschiedener Schreibmaterialien, die direkten Einfluss auf den Bildaufbau haben. Martin Endres 268 12 Vgl. Pfeifer 1993: 180a: s.v. “Buchstabe”: “Die in Holz oder Stein geritzten Runen haben durchweg einen senkrechten kräftigen Strich, den sogenannten Stab, nach dem das ganze Runenzeichen benannt ist.” Abb. 3: Entnommen aus: Twombly 1991: Blatt XVI, Ausschnitt, vergrößert Repräsentativ für diese Logizität des Zeichnens ist Blatt XIX (Abb. 2). Es bündelt gleich mehrere resignierende ‘Schreibstile’ - diese reichen von tendenziell in Schleifen sich entwickelnden Schriftzügen am oberen Bildrand über eine ‘wortähnliche’ Schrift darunter, deren diskrete graphische Einheiten einzelne Buchstaben erahnen lassen, bis hin zu eher gezackten Schriftlinien am unteren Bildrand, wie sie sich auch auf Blatt XXXVIII finden. Die gleichwertig nebeneinandergestellten Schreibstile oder -systeme werden somit in Spannung zueinander gesetzt und entfalten ihre jeweilige ‘Bedeutung’ erst in dieser spezifischen Differenz. Die an kindliche Schreibübungen erinnernden Schleifenlinien, Repräsentanten eines Schreibens also, das sich erst auf eine alphabetische Schriftordnung hin entwickelt, stehen direkt neben oder über einer Schrift, deren individueller Duktus die Buchstäblichkeit bis zur Unkenntlichkeit verschliffen hat. Zu dieser Resignation der ‘Schriftkompetenz’ eines Subjekts treten zwei miteinander historisch und kulturell entfernte Schriftsysteme: Auf der einen Seite eine an die Kurrentschrift erinnernde Schrift, die ihren Ursprung im 16. Jahrhundert hat und sich - zumindest im deutschsprachigen Raum - bis in die Mitte des 20 Jahrhunderts hält; auf der anderen Seite eine durch die vertikalen, leicht nach rechts geneigten und diskret voneinander stehenden Striche anzitierte germanische Runenschrift. Gerade der letztgenannte ‘Schreibstil’ wird in der Frage nach der von Twombly dekonstruierten ‘Buchstäblichkeit’ der Schrift bedeutsam: Der ‘Buchstabe’ geht etymologisch auf den senkrechten Hauptstrich der Runenschrift zurück. 12 Die Resignation der Schrift ist hier im regressiven Rückgang in eine Urform des Schreibens zu sehen - besonders deutlich ist diese Bewegung auf Blatt XVI zu erkennen (Abb. 3). Sind die ‘Staben’ hier zunächst noch durch vereinzelte Quer- und Schrägstriche miteinander verbunden und so in unterschiedliche Zeichen differenziert, verlieren sich diese Konnektive nach und nach - die Reduktion auf die Grundform des ‘Buchstabens’ geht also mit einer Destruktion ihrer ‘alphabetischen’ Qualität einher. Über die allgegenwärtige Resignation erreicht Twombly eine ästhetische Verdichtung und evoziert erneut eine einzigartige Berührung des Schreibens: Der zeitliche wie kulturelle ‘Kontakt’ erfolgt aufseiten des Objektiven über die Konfrontation verschiedener Schriftsysteme. Aufseiten des Subjekts entfaltet Twombly eine ‘Ontogenese’ des Schreibens, die von der historischen ‘Phylogenese’ der Schrift nicht zu trennen ist. Sowohl die Verschränkung von Synchronizität und Diachronizität als auch die Berührung verschiedener kultureller Ordnungen wird schließlich von der Kompilation römischer und arabischer Ziffern aufgegriffen. Besonders die arabischen Zahlen in der oberen Bildmitte können als eine zum Teil kontinuierlich aufsteigende Nummerierung zur Markierung von Prozessschritten gesehen werden, als chronologischer Index der nach und nach gezogenen Striche direkt unter ihnen. Die räumliche Dimension der Zeichnung wird somit explizit und RE/ SIGNATION 269 ‘expressiv’ um eine zeitliche erweitert. Synchron verstanden kann die Nummerierung jedoch auch für eine Hierarchie der Striche untereinander stehen. Eine wesentliche Erweiterung der Formensprache gewinnt die Zeichnung XIX zudem durch die Verwendung von blauem und hellbraun-gelblichem Buntstift sowie weißer Fassadenfarbe. Letztere wird im Horizont des resignierenden Schreibens und Zeichnens insofern sprechend, als sie - flächig aufgetragen - auf den ersten Blick als ein Versuch erscheint, den Malbzw. Schreibgrund zu restituieren, das Geschriebene durch Übermalung gänzlich zurückzunehmen und so das ‘unberührte’ Blatt wiederzugewinnen. Tatsächlich aber beschreibt auch dieser an Tipp-Ex erinnernde Farbauftrag eine doppelten Resignation: Zum einen besitzt die Fassadenfarbe an kaum einer Stelle eine solche Deckkraft, um das unter ihr Liegende gänzlich unkenntlich zu machen - die einzelnen Bleistiftlinien scheinen durch, und auch der Abrieb des Bleistifts verunreinigt das Weiß zu einem hellen Grau, das sich damit deutlich von der ursprünglichen Blattfarbe abhebt. Zum anderen ist die Deckfarbe nicht gleichmäßig aufgetragen und zeigt quer verlaufende Schlieren und Malzüge, die sich in dieser Gestalt erneut als ‘Zeichnung’ behaupten. Die resignierende ‘Schichtung’ erfolgt mitunter über zwei bis drei Stufen, in denen sich Bleistift-Zeichnung und gezeichnete Tünchung überlagern - doch auch diese Entwicklungsstadien sind zumeist nicht klar voneinander abzugrenzen, da die Ebenen ineinander verlaufen oder zueinander verschoben angeordnet sind und sich so auch quer zu ihrer Chronologie berühren. Davon zu unterscheiden sind die dick aufgetragenen ‘Farbkleckse’ - ihre resignierende Funktion grenzt sich von den eben beschriebenen Farbflächen ab, da sie nicht (nur) überdekken, zurücknehmen oder restituieren, sondern gleich einem Briefsiegel das Geschriebene ‘beglaubigen’ und sicherstellen und so für dessen Unversehrtheit und Unveränderlichkeit zeugen. Die graphische bzw. ‘graphologische’ Differenz zu den Farbflächen ist insbesondere durch die Umrandung und Rahmung der Kleckse durch hellbraun-gelblichen Buntstift gegeben, der sie gegenüber den übrigen Schrift- und Zeichenlinien abgrenzt und eigens betont. Die Assoziation mit Briefsiegeln begründet sich einerseits dadurch, dass keiner der Kleckse intakt ist: Alle weisen Riss- und Bruchlinien auf. Dieses nachträgliche ‘Erbrechen’ eines Siegels - sei es durch eine aktive nachträgliche Handlung des Subjekts, etwa durch bewusstes Biegen des Blattes, oder sei es durch die Eigenspannung des Materials, das ‘von sich aus’ bricht - wird noch bis Ende des 19. Jahrhunderts als Resignation bezeichnet (cf. ebd.; Quicherat 1878: s.v. “resigno”). Gleichzeitig wird das Siegel durch die fehlende Einprägung eines Siegelstempels resigniert: das sigillum (cf. Georges 1998: Sp. 2658, s.v. “sigillum”) wird in seiner Bild-im-Bild-Funktion dementiert, aber nur insoweit, als es keinen äußer(lich)en ‘Eindruck’ abbildet, nichts Äußeres repräsentiert - seine graphische Bedeutung gewinnt der Siegel-Klecks ausschließlich aus seiner eigenen Materialität. Das Blatt XIX zeigt überdies die für den Letter of Resignation charakteristischen Durchstreichungen. Entgegen dem ersten Eindruck sind diese jedoch weit mehr als ein “gewaltsame[s] Auslöschen”, ein “Aufruhr” oder “der graphische Strich, mit dem Kinder zornig die Signatur des unverstanden Faktischen löschen” (Bastian 1991: Vorwort). Auch repräsentieren die resignierenden Streichungen und Schraffuren gerade nicht eine ablösbare und für sich zu betrachtende Gegenbewegung zu einem bewussten, souveränen und intentional begründeten Schaffensprozess - sie sind keine Destruktionen einer zuvor intakten Konstruktion, die in ihrer Unversehrtheit fragwürdig wurde. Im Gegenteil: Die nachträgliche, überlagernde Skriptur lässt vielmehr die immer schon stattfindende Resignation in Twomblys Zeichnungen als solche hervortreten und verständlich werden. Die Selbstreferenzialität und -thematisierung des resignierenden Zeichnens besteht darin, die autologische, jede nach Außen gerichtete Martin Endres 270 13 Die Unentscheidbarkeit zwischen Schrift und Streichung findet sich auch exemplarisch auf den mit blauem Buntstift gezogenen Strichen auf Blatt XIX: Die horizontalen Striche in der rechten Bildmitte, die vereinzelt gesetzte Zahlen und Bleistiftspuren überzeichnet, sind in ihrer Funktion nicht von den drei schrägen Strichen in der unteren Bildmitte zu unterscheiden, die über einem weißen Farbfeld liegen. Abb. 4: Entnommen aus: Twombly 1991: Blatt XXVI, Ausschnitt, vergrößert Signifikation dementierende Schrift in ihrer Negation zu affirmieren. Die supplementäre Revision der gezeichneten Schrift durch einen neuerlichen Schriftzug führt - und hierin ist deren entscheidendes Moment zu sehen - zu einer Nivellierung der graphischen Ebenen: Die Streichung übersteigt ihre rein tilgende Funktion, indem sie einen piktographischen Wert innerhalb der gesamten Bildordnung erhält; sie gewinnt diesen Wert aber nur dadurch, dass sie den zuerst gezogenen Strich als non-alphabetische Schrift hervortreten lässt. Durch diese besondere ‘Resignation des Resignierten’, durch diese Vermittlung des einen durch das andere evoziert Twombly eine Sensibilisierung gegenüber der Individualität und Varietät der Streichungen: Form, Position, Materialität (Bleistift, Buntstift, Farbe) oder Strichstärke - alle Faktoren sind gleichermaßen zu beachten und auf ihre Bedeutung hin zu befragen. Besondere Aufmerksamkeit muss in diesem Zusammenhang den mehr oder minder spitz zulaufenden Streichungen zukommen, die - ohne abzusetzen - in Schleifen über Schriftpassagen und Zeilen gezogen sind. Diese lassen sich als eine um 90° ‘gedrehte’ Schrift lesen: Die erste horizontal verlaufende Aufzeichnungsschicht wird von einer zweiten, vertikal ausgerichteten überschrieben und durchkreuzt (Abb. 4). 13 Jeder Versuch, einer der Schriftebenen eine Priorität vor der bzw. den anderen zuzusprechen, scheitert. Die Autologizität der ‘resignierenden Resignation’ kann soweit gehen, RE/ SIGNATION 271 14 Generell lassen sich die sich selbst überlagernden der in einer durchgehenden Zeichenbzw. Schreibbewegung entstehenden Linien auch dreidimensional betrachten, und zwar in dem Sinn, dass den Schriftzügen mit jeder Überschreibung eine größere räumliche Tiefe zukommt bzw. sie sich mehr und vom Untergrund lösen und dem Betrachter zustreben. Abb. 5: Entnommen aus: Twombly 1991: Blatt VIII, Ausschnitt, vergrößert dass sie sich in ihrer Bewegung gänzlich vom Bezug auf eine bestehende Schriftlinie löst und einen eigenen, noch unbeschriebenen Raum auf dem Blatt beansprucht (Abb. 5). 14 Diesen Beobachtungen, die nur einen kleinen Ausschnitt der komplexen Formensprache Twomblys thematisieren konnten, möchte ich abschließend einige Überlegungen anschließen, die das resignierende Schreiben und Zeichnen des Letter of Resignation allgemeiner zu fassen versuchen - insbesondere mit Blick auf das darin enthaltene Moment der Berührung. Dabei ist zunächst die Rückbesinnung auf die mit dem Titel Letter of Resignation programmatisch genannte ‘Briefform’ leitend. Die Thematisierung des ‘Briefes’ gewinnt ihre Relevanz vor allem durch die doppelte Lesbarkeit des Titels: Der über 38 ‘Seiten’ sich erstreckende ‘Brief der Resignation’ ist zugleich die auf jedem einzelnen Blatt individuell stattfindende ‘Resignation des Briefes’. Twomblys gezeichnete Schrift ruft damit den gesamten Horizont der Momente auf, in dem der Brief als Kommunikationsmedium steht: Wer schreibt? An wen ist das Geschriebene adressiert? Welchen Inhalt, welche Information wird durch den Brief vermittelt? Welche Bedeutung hat dabei der Umstand, dass der Letter of Resignation nie ‘abgeschickt’ wurde, dafür aber in bislang vier Ausstellungen zu sehen war? Martin Endres 272 15 Dies markiert schließlich auch den Unterschied zur écriture automatique: Twomblys nicht-intentionales Schreiben zielt nicht auf die Darstellung eines ‘Unbewußten’, es besitzt kein ‘inneres Vorbild’ (cf. Breton 1941: 9). Die Resignation Twomblys überwindet die Diskussion um eine Präferenz oder Vorgängigkeit von Innen oder Außen, von Ratio oder Emotion, indem die schriftliche Berührung beide zugleich erfahrbar macht und unauflöslich ineinander verschränkt. 16 Cf. Lévinas 1999: 286: “Ohne Zweifel geht diese [Schrift; M.E.] der Sprache, die Urteile und Botschaften mitteilt, voraus: Es ist ein Zeichen, das von einem dem anderen durch die Nähe über die Nähe gegeben wird […] - vor der Konstitution eines jeden Zeichensystems […] - Zeichen, das von Un-Ort zu Un-Ort gegeben wird.” Bereits die Analyse weniger Blätter macht deutlich, dass Twombly sowohl die klassische Bedeutung als auch die herkömmliche Funktion des Mediums ‘Brief’ neu zu denken versucht, indem er dessen ‘Schriftlichkeit’ ins Extrem treibt. Entsprechend ist das auf den Blättern des Letter geführte ‘Zwiegespräch’ (Bastian 1991: Vorwort) nicht nur eines, das eine störungsfreie Kommunikation zwischen zwei Subjekten radikal dementiert, da sie keinen von der Schrift loslösbaren, lesbaren oder entzifferbaren Inhalt bereitstellen. Twombly geht noch einen Schritt weiter, indem er die Konstitution der Schrift auf dem Blatt mit der Konstitution des Ich, das schreibt, synchronisiert und gänzlich dem Ereignis der Berührung, dem Kontakt zwischen beiden überantwortet: Vor dem Augenblick des Schreibens existiert weder ein vorsprachlicher bzw. vorschriftlicher Gedanke, der lediglich ‘transkribiert’ würde und seine materiell-äußerliche Form erhielte - umgekehrt rekurriert die gezeichnete Schrift nicht auf ein bestehendes objektives Schriftsystem, gemäß dessen Logizität sich ein Gedanke im Schreiben entwickelt. 15 Die Re-Signation, verstanden als ‘Widerschreiben’ bzw. ‘schriftlich antworten’, benennt exakt die simultane Reziprozität dieses poietisch-schöpferischen Schreibens, in der das eine nur für und durch das andere statt hat. Damit schafft Resignation die “Nähe, diese[n] Kontakt, der nicht in noetisch-noematische Strukturen umgemünzt werden kann”, genau damit aber “das Worin für alle Übertragung von Botschaften ist - um welche Botschaften es sich auch handele”; sie ist die ‘ursprüngliche’ Schrift, die Schrift “ohne Worte und Sätze, reine Kommunikation” (Lévinas 1999: 280). 16 Dies hat weitreichende Auswirkungen für die Frage nach der Subjektivität des Schreibenden - und letztlich auch nach der des Rezipienten. Twomblys Letter of Resignation ist kein “Psychogramm der Destruktion” (Bastian 1991: Vorwort), sondern zeigt eine komplexe ästhetische Praxis des Schreibens, die ein Selbst-Verhältnis des Subjekts (sowohl des Schreibenden wie des Lesenden) erst ermöglicht. Die Berührung mit der resignierten Schrift schafft erst die Bedingungen für ein “Sich-Spüren” (Nancy 2007: 119), der über das Schreibwerkzeug gestiftete Kontakt mit dem Papier den Kontakt mit einem ‘Ich’. Auch dieses ‘Ich’ kann nicht fixiert oder in Kontinuität überführt werden, da es sich in dem Augenblick in die unhaltbare Schriftlinie zurückzieht, in dem es von dieser geschaffen wurde. Das Ereignis des ‘kontaktilen’ Schreibens geht somit immer mit einer ‘Resignation des Subjekts’ einher, die zugleich produktionswie rezeptionsästhetische Aspekte beleuchtet. Die ‘Verzweiflung’ an der erfahrenen Absenz jedes Außerschriftlichen (sowohl eines vorsprachlichen Signifikats als auch eines schriftunabhängigen Ich) und die ‘Entsagung’ (dieses Denkens) aufgrund des permanenten Scheiterns im Vollzug und Nachvollzug des Schreibens an der Schrift schaffen den ‘Grund’, weiterzuschreiben bzw. den Rezeptionsvorgang zu wiederholen. Die graphische Spur auf dem Blatt ist Zeuge und Anlass dieser doppelten Resignation. Der Letter of Resignation als ‘resignation of the letter’ ist jedoch auch in der Bedeutung des letter als ‘Buchstabe’ zu bedenken. Auf den 38 Blättern zeigt sich eine ‘absolute’, a-semantische Schrift, die keine Referenz auf etwas außerhalb ihrer selbst besitzt. Die RE/ SIGNATION 273 17 Andererseits handelt es sich infolge der absoluten Materialgebundenheit sowie der Form- und Zeichenindividualität des graphischen Notats nicht etwa um die Repräsentation einer quasi-platonischen ‘Idee von Schrift’; cf. Barthes 1983: 14: “[W]as sich aufdrängt, ist nicht diese oder jene Schrift, auch nicht das Sein von Schrift, es ist die Idee einer graphischen Textur.” 18 Cf. hierzu Florian Coulmas’ Begriff der “Desemantisierung” als “Verlust eines außerhalb des Zeichens liegenden Bezeichneten” (Coulmas 1981: 130). fehlende Kontur der ‘Lettern’ lässt keine differentielle Bestimmung der Zeichen im Sinne von Buchstaben zu und streicht damit die Iterabilität und Lesbarkeit der Schriftzüge durch. 17 In Twomblys ‘Piktogrammen’ wird so nicht nur die repräsentationslogische Relation von Signifikant und Signifikat radikal in Frage gestellt, sondern auch der Signifikant selbst. Die Linien, die Twombly auf das Papier aufbringt, heben die Identität des Schriftzeichens in eine nicht-wiederholbare, nicht-kommunizierbare und allein ‘resignierbare’ graphische Spur auf. So (re)präsentieren die Notate das “Zwischenreich zwischen Graphematik und Graphik, zwischen sprachnotationalen und bildgenerierenden Zeichen” (Witte 2006: 37). Dieses Zwischen von ‘schriftlicher Zeichnung’ und ‘gezeichneter Schrift’ ist als Bewegung des Resignierens zugleich (Re-)Präsentation des künstlerischen Schaffensprozesses. Resignation in Form der ‘Schrift-Bildlichkeit’ ist bei Twombly als produktive Spannung der beiden Teile des Kompositums aufzufassen: Einerseits überwindet die Malerei das herkömmliche Schriftsystem und den mit ihm verbundenen Alphabetismus, andererseits gewinnt das Bild nur als schriftliches Zeichnen seinen ästhetischen Ausdruckswert. Diese spannungsvolle Berührung von Sprach- und Bildcharakter der Schrift immer wieder neu ins Werk zu setzen, ist das Movens des gesamten Letter of Resignation. Twomblys ‘Resignation’ schafft über den ‘Verlust’ der Schrift als einem idealen Zeichensystem einen singulären ästhetischen Erfahrungsraum. In diesem ist Schrift nicht mehr Instrument oder Abbild einer vorgängig mündlichen Sprache, sondern erhält im und als Resignieren seine piktographische Autonomie. Entscheidend dabei ist, dass das resignierende Schreiben über die De-Semantisierung 18 der Buchstaben und Worte hinausgeht. Simultan zu dieser Zurücknahme des traditionellen Schriftsinns durch die gezeichnete, der bloßen Linie sich annähernde Schrift erfolgt eine Re-Semantisierung des Schriftmaterials, insofern die individuelle graphische Einheit des Schriftzugs ihren Wert und ihre Bedeutung innerhalb der Bildkomposition erhält. Die Resignation Twomblys kann daher - in der Terminologie Barthes’ - als eine radikalisierte, durch das gegenläufige Adjektiv erweiterte ‘(ein)schreibende Entschreibung’ im Sinne Nancys gefasst werden: Das ‘Entschreiben’, “das die Wörter stets aufs neue von ihrem Sinn loslöst und sie ihrem [materiellen und räumlichen] Ausgedehnten” (Nancy 2007: 63) überlässt, begreift bei Twombly auch die Skriptur selbst mit ein: Auch der Strich, die bloße Schriftlinie oder Schraffur bleibt, wie das Wort, das nie “restlos in einem Sinn aufgeht” (und nie aufgehen kann) “im Wesentlichen zwischen den anderen [Strichen, Linien, Schraffuren; M.E.] ausgedehnt, derart angespannt, daß es sie berührt” (ebd.). Gleichzeitig schreibt sich in diese Loslösung ein neuer Sinn ein: Die Resignation führt nicht zu einer “end-lose[n] Linie”, der “Strich der selbst entschriebenen” Schrift ist nicht “unendlich zersplittert” (ebd.: 15), sondern konstituiert in seiner gegenläufigen Bewegung eine für jedes Bild bzw. jede Zeichnung singuläre Schriftordnung und Schriftlogik. Martin Endres 274 3 Hölderlin An die Analyse des Letter of Resignation möchte ich die Untersuchung literarischer Manuskripte anschließen, die ebenfalls die ‘Resignation’ als konstitutives Moment aufweisen. Es handelt sich dabei um Entwurfshandschriften Friedrich Hölderlins, wobei ich den Fokus auf Manuskripte des Homburger Foliohefts lege, einem für Hölderlins Werk zentralen Konvolut von 23 Doppelblättern (cf. Hölderlin 1986). Das Konvolut dementiert die Auffassung, wonach (allein) die ‘finale’ Textgestalt im gedruckten Buch und ein linearer Textverlauf Geltung besitzen für das Verständnis des Textsinns. Tatsächlich werden die strukturellen, syntaktischen und semantischen Momente von Hölderlins Entwürfen erst dann deutlich, wenn man sie auf ihre materielle Verfasstheit hin reflektiert. ‘Resignation’ steht bei Hölderlin im Unterschied zu Twombly für die schriftliche ‘Reaktion’ auf ein vom Subjekt des Schreibens empfundenes Ungenügen einer Äußerung hinsichtlich der intendierten Bedeutung des poetischen Sprechens; die Empfindung dieses Mangels wird zum Anlass eines prinzipiell unabschließbaren Schreibakts in Form einer graphischen Revision, Repetition und Supplementierung. Während bei Twombly die Desemantisierung des Schriftsprachlichen als Resignation des Schreibens zu begreifen ist, zeigen die Manuskripte Hölderlins zumeist einen dazu entgegengesetzten Schreibprozess: Die Handschrift entwickelt ihren semantischen Wert durch den Überschuss an skripturalem Material, das sich der linearen Ordnung der Worte und der Eindeutigkeit des Sinns widersetzt. Nicht die Negation von Lesbarkeit führt zum ästhetischen bzw. poetischen Ausdruck, sondern das komplexe Beziehungsgeflecht der Worte und Verse, ihre Simultanität, die die Chronologie des linearen Lesevorgangs subvertiert, sowie ihre irreversible Lokalität im zweidimensionalen Raum des Blattes. Allen ‘re-aktiven’ Überarbeitungen und Änderungen im Homburger Folioheft ist gemein, dass sie keine Tilgung des zuvor Geschriebenen zum Ziel haben; auch die seltenen Durchstreichungen von Worten oder Versen erhalten stets ihre Lesbarkeit. Hölderlins Resignation bricht so mit jener teleologischen Überbietungslogik, deren Ziel in der bestmöglichen ‘Fassung’ des Gesagten besteht. Dass die poetische Verfahrensweise der Resignation sich vielmehr durch eine konservatorisch-konstellierende Funktion auszeichnet und genau darin die besondere poetische Qualität des Geschriebenen begründet liegt, lässt sich besonders am unteren Rand des Blattes 307/ 9 erkennen (Abb. 6a/ b). Es handelt sich hier um die mittleren Verse der achten Strophe einer autographen Reinschrift von Brod und Wein. Zeigen die ersten drei Strophen nur geringe Änderungen Hölderlins, finden sich ab Strophe 4 weitreichende und tiefgreifende Überarbeitungen. Letztere bestehen weitestgehend in der Notation alternativer Verse, die, wie auf dem Faksimile zu sehen, zwischen die Zeilen der Grundschicht geschrieben sind. Die Resignation in der Bedeutung ‘schriftlich wiederholen, neu schreiben’ (Forcellini 1926: s.v. resigno) fügt der ersten Aufzeichnung jedoch nicht einfach einen zweiten, ablösbaren ‘Text’ hinzu. Die Beziehung der Aufzeichnungsschichten, d.h. ihre räumliche Stellung zueinander und die semantische Spannung, die aus der Engführung des Sprachmaterials resultiert, konstituiert die Bedeutung des Geschriebenen als Ganzem: Der zuerst notierte Vers erhält seine einmalige, an die Materialität dieser Handschrift gebundene Semantik durch das Hinzutreten des zweiten - und umgekehrt. Das Besondere dieser Aufzeichnung ist der ‘Anlass’ der Überarbeitung bzw. deren graphische Initiale. Entgegen der verbreiteten Meinung sind die Unterpungierungen oder Unterstreichungen bzw. -strichelungen bei Hölderlin nicht Markierung einer Restitution von RE/ SIGNATION 275 Abb. 6a: Entnommen aus: Homburger Folioheft, 307/ 9, Ausschnitt, verkleinert Abb. 6b: Entnommen aus: Friedrich Hölderlin 1986: Supplement III. Homburger Folioheft, in: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, herausgegeben von Dietrich E. Sattler u.a., Basel/ Frankfurt am Main: Stroemfeld Verlag: 35 zuvor Gestrichenem oder Überschriebenem - sie zeigen nicht das Ende eines Produktionsprozesses an, sondern dessen Anfang: Die Resignation von Worten und Versen durch Punkte oder Striche dient Hölderlin zu Kennzeichnung einer im Schreibvorgang fragwürdig gewordenen Formulierung, die es noch einmal zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern gilt. Die Striche unter den Versen in den Zeilen 63 und 68 gehören der Tintenfarbe und Strichstärke zufolge der ersten Aufzeichnungsschicht an und initiieren die Notation der späteren. Wie zuvor bei Twombly lässt sich also auch hier von einer ‘doppelten Resignation’ sprechen, und dies in gleich mehrfacher Hinsicht: Zum einen evoziert die markierende Re-Signation der ersten Schrift eine zweite, die die erste resigniert. Zum anderen ist aber auch die zweite, resignierende Aufzeichnungsschicht für sich genommen von einer doppelten Resignation Martin Endres 276 19 Das Wortfeld in Zeile 67 mit “Auseinander beinah” und “(Untheilbares) zu (deuten)” gewinnt in diesem Horizont eine eigene Bedeutung, die sich in der kontaktilen Konstellation des Geschriebenen auf dem Blatt spiegelt und den ‘Zusammenhang’ der Worte, ihre räumliche ‘Getrenntheit’ und gleichzeitige ‘Nähe’ sowie ihre ‘Mit-Teilbarkeit’ eigens thematisiert. geprägt: Der über Zeile 63 geschriebene Vers “Aber ([s ])…” beispielsweise enthält nicht nur Streichungen, sondern wird seinerseits von gleich mehreren darüber stehenden Notaten mit alternativem Wortlaut erweitert. Die Zeilen 60 (“eh es ko ¯ met, das Schiksaal”) und 61 (“[…] und eh es gehet das Schiksaal”) machen deutlich, dass die Resignation Hölderlins einen “logische[n] Raum” eröffnet, der “nicht mehr der Raum des Gegensatzes von Behauptung und Negation ist. Ich würde sagen, dass eben dies die Berührung ist” (Badiou 2010: 98). Der ‘Kontakt’ zweier widersprüchlicher Aussagen schafft eine Bedeutung des Geschriebenen, die jede logische Opposition überwindet. Das ungesagte, ungeschriebene, unmarkierte ‘Zwischen’ der beiden Notate, ihrer beider Bedeutung, die nicht auf eine der beiden Seiten zurückzuführen ist, hebt sich nicht in einem nennbaren tertium auf: 19 Hölderlin gelingt mit seinem resignierenden Schreiben, das “Inexistente eines Ortes, die Flucht des Fluchtpunktes zumindest für einen Moment zu lokalisieren, zu berühren” - ihm gelingt, wie zuvor Twombly, eine ‘(ein)schreibende Entschreibung’, oder anders ausgerückt: die “Heraus-Schreibung [exscription] des Inexistenten ein[zu]schreiben” (ebd.: 97). Eine zweite Parallele zu Twomblys Schrift ist in der Autologizität der ‘resignierenden Resignation’ zu sehen: Wie sich bei Twombly der überschreibend-streichende Schriftzug vom Bezug auf eine bestehende Schriftlinie freisetzt, so lösen sich auch bei Hölderlin die nach oben fortgesetzten Resignationen der zweiten Aufzeichnungsschicht von ihrem Bezugsvers in Zeile 63 und generieren neue Bezüge: Die Rede vom ‘kommenden Schicksal’ in Zeile 58 steht durch ihre Nähe zum Vers in Zeile 59 zugleich in einem anderen semantischen Kontext. Die durch die Resignation geschaffene Topographie des Blattes entsteht bei Hölderlin aber nicht nur auf Basis einer Reinschrift, d.h. im Zuge der Modifikation und Erweiterung einer bereits vorgegebenen Ordnung. Das Blatt 307/ 20 beispielsweise zeigt eine Verschränkung von gleich drei Aufzeichnungsschichten, die nach und nach die Orientierung an eine eindeutig bestimmbare Versabfolge preisgeben und genau dadurch einen singulären Bedeutungsraum schaffen (Abb. 7a/ b). Der Entwurf von Patmos, der auf der vorangehenden recto-Seite einsetzt, realisiert bis Zeile 13 einen regelmäßigen Versverlauf. Danach bricht die Handschrift in der ersten Aufzeichnungsschicht ab und setzt erst in Zeile 24 mit dem Vers “Und geblendet sucht’” wieder ein. In einer zweiten Aufzeichnung füllt Hölderlin den entstandenen Leerraum mit fünf Versen, die Streichungen und Einfügungen aufweisen. Bis zu dieser Stelle lässt sich noch von einer regulären Versordnung sprechen. Mit den Überarbeitungen ab Zeile 21, die das gesamte untere Drittel der Seite bestimmen, verändert sich diese Strukturlogik. Zunächst notiert Hölderlin rechts neben den Versblock der Grundschicht (Zeilen 24-31) eine zweite Verskolumne, die den ‘Wortbestand’ des zunächst Geschriebenen aufnimmt, jedoch - aufgrund eines alternativen Einstiegs - mit zum Teil verschobenen Versumbrüchen. Das Schreiben verändert damit zugleich seinen ‘Ort’ und seine ‘Richtung’: Die Verse werden nicht mehr ‘reaktiv’ in einen Leerraum zwischen bereits Geschriebenes gesetzt, sondern erzeugen erst einen solchen in Form eines ‘Zwischenschlags’ zweier Spalten. Diese Resignation Hölderlins, dieses ‘wiederholende Schreiben’ etabliert so die Spannung zweier Notate, die sich sowohl in der räumlichen wie semantischen Dimension der Schrift nahe stehen. Doch diese “Nähe ist nicht bloße Koexistenz, sondern Unruhe. Etwas passiert vom einen zum anderen und vom RE/ SIGNATION 277 Abb. 7a: Entnommen aus: Homburger Folioheft, 307/ 20, verkleinert Abb. 7b: Entnommen aus: Hölderlin 1986: 46 Martin Endres 278 20 Diese ‘Raumzeit’ der Aufzeichnungen Hölderlins ist bereits an der bloßen Materialität der Schrift, also der Farbe, Breite und Neigung der Schriftlinie wahrzunehmen. Die Schriftgestalt lässt bei Hölderlin konkrete Rückschlüsse auf seine poetische Verfahrensweise zu, insofern sie unterschiedliche Arbeitsphasen markiert. Das Schriftbild gibt Aufschluss über die produktionsästhetischen wie kognitiven Prozesse des Schreibens, da die Gedankenlogik mit der Schriftlogik korrespondiert: Schnell geschriebene Passagen, die an einer stärkeren Neigung der Schrift zu erkennen sind, zeugen von einem einheitlichen, in sich geschlossenen Gedanken, wohingegen resignierende Überarbeitungen meistens einen aufrechten und engeren Duktus aufweisen. Abb. 8a: Entnommen aus: Homburger Folioheft, 307/ 25, Ausschnitt, vergrößert Abb. 8b: Entnommen aus: Hölderlin 1986: 51 anderen zum einen, ohne daß die beiden Bewegungen allein durch das Vorzeichen unterschieden wären” (Lévinas 1999: 285). Durch die Konfrontation der beiden Kolumnen treten die durch die Versgrenzen unterschiedlich gesetzten semantischen Einheiten deutlicher hervor und fordern so eine Reflexion auf die individuelle Bedeutung der jeweiligen Rede. Diese konstitutive ‘Unruhe’ der Bezüge nimmt schließlich mit der dritten Aufzeichnungsschicht noch weiter zu, die genau an der Stelle einsetzt, an der die rechte Verskolumne über das in der linken materiell Ausgesprochene hinausgeht und um fünf Verse erweitert. Diese ‘Resignation der Resignation’ überschreitet dabei gleichzeitig die zuvor etablierte Schriftordnung in zwei Spalten: Die Notate in den Zeilen 35-41 lassen keine Zuordnung des Versverlaufs mehr zu - weder zu einer der beiden Seiten noch zur jeweiligen Aufzeichnungsschicht. So verschränken sich durch die Resignation auch bei Hölderlin die synchrone und diachrone Dimension der Schrift - was entsteht, ist eine quasi dreidimensionale ‘Raumzeit’ des Geschriebenen. 20 In den letzten drei Zeilen (42-44) findet diese besondere Konfiguration der Schrift ihren Höhepunkt, insofern hier keine dominante Schrift- und Leserichtung mehr auszumachen ist: Die vier Verseinheiten lassen sich sowohl vertikal wie horizontal lesen, wobei das rechte Kolon in Zeile 44 (“Uralt, an unzugangbaren”) noch dazu zyklisch an das linke Kolon in Zeile 42 (“An unzugan(b)gbaren Wänden”) anschließbar ist. Nur der Verzicht darauf, aus diesen vier Notaten eine linear-eindeutige ‘Textfassung’ herzustellen und sie damit auf eine Lesart zu reduzieren, wird der Eigenlogik der Schrift und ihrer Materialität gerecht. Der resignierende Schreibprozess realisiert sich bei Hölderlin aber nicht allein durch die konstellative Vermehrung des Wortmaterials, die eine Zunahme an semantischer Komplexität zur Folge hat. Blatt 307/ 25 zeigt einen Aspekt des Schreibens, der diese Verfahrensweise noch erweitert (Abb. 8a/ b). Die Überarbeitung in den Zeilen 29-31 besteht - neben Streichungen und einer Hinzufügung - in der Nummerierung dreier Worte in arabischen Zahlen, die eine Änderung ihrer Reihenfolge und damit eine partielle Transformation ihrer zunächst gesetzten Ordnung markiert. Hat die Nummerierung bei Twombly die Funktion, das RE/ SIGNATION 279 Abb. 9a: Entnommen aus: Homburger Folioheft, 307/ 48, Ausschnitt, vergrößert Abb. 9b: Entnommen aus: Hölderlin 1986: 74 Verhältnis der zeitlichen wie hierarchischen Logik der Schrift zu thematisieren, steht sie bei Hölderlin im Horizont der genannten ‘Raumzeit’. Entscheidend ist dabei, dass auch diese Form der Resignation keine Zurücknahme oder Tilgung des Geschriebenen bedeutet: Der Vers bleibt in seiner graphischen Gestalt erhalten und entwickelt so eine Spannung zwischen der materiell-realisierten Topologie der Aufzeichnung mit der ihr eigenen Chronologie auf der einen und der darin angezeigten, potenziellen, erst im Nachvollzug der gesamten Schriftordnung wirklich werdenden Strukturlogik der poetischen Rede auf der anderen Seite. Das letzte Beispiel für Hölderlins resignierendes Schreiben, auf das ich eingehen möchte, schließt direkt an das oben erläuterte Grundmoment von Twomblys gezeichneter Schrift an - wenn auch mit einer gänzlich anderen materiellen Phänomenalität (Abb. 9a/ b). Die Aufmerksamkeit gilt hier nicht dem Vers bzw. der Verseinheit “Ein glänzender Schild” in Zeile 4, sondern dem Bereich oberhalb und rechts neben dieser Aufzeichnung. Die in der Transkription von Sattler durch eckige Klammern gerahmten Leerräume markieren einen mit “stumpfer Feder eingedrückte[n], bis auf wenige Buchstaben unlesbare[n] Text” (Hölderlin 1986: 74). Die Schrift ist also - wie bei Twombly - bereits im Vorgang des Schreibens ‘resigniert’; deren Unlesbarkeit wird jedoch nicht durch eine Deformation der Buchstaben erzeugt, sondern durch den irregulären Gebrauch des Schreibwerkzeugs. Auch auf anderen Martin Endres 280 Manuskriptseiten finden sich mitunter Schriftzüge oder Streichungen mit tintenleerer Feder, jedoch stets nur am Ende einer Schreibbewegung: Hölderlin kommt es in diesen Fällen darauf an, in der Niederschrift nicht absetzen zu müssen, um die Feder in Tinte zu tauchen - die Kontinuität des Schreibvorgangs (und damit verbunden die Konsistenz der poetischen Rede) ist wichtiger als die Entzifferung der Schrift, die er erzeugt. Dass die Schrift sich aber, wie auf Blatt 307/ 48, nicht erst im Verlauf des Schreibens resigniert, sondern bereits im Wissen um ihr ‘Scheitern’ erfolgt, lässt sich produktionslogisch zunächst so deuten, dass Hölderlin in Ermangelung einer gespitzten Feder und Tinte die Entscheidung traf, die drei Verspartien zumindest ins Papier einzudrücken bzw. einzuritzen. Dies wäre nicht weiter bemerkenswert, blieben die weiteren Aufzeichnungen auf der Seite davon unberührt. Tatsächlich jedoch ist die Schrift als resignierte Reflexionsgegenstand des Schreibens: Weder zieht Hölderlin die Einkerbungen der Feder zu einem späteren Zeitpunkt mit Tinte nach, noch werden sie mit anderen Notaten überschrieben. Je nachdem, ob die mit Tinte geschriebenen Verse der tintenleeren Schriftpassagen vorangehen oder erst später hinzugefügt wurden, lässt sich eine andere Schreibszene rekonstruieren: Im ersten Fall sind die bloßen Schreibspuren ‘resignierte Resignationen’, d.h. die Erweiterung des zuvor Geschriebenen, das gerade in seiner Revision Movens des weiteren Produktionsprozesses wird. Im zweiten Fall reagieren die lesbaren Verse auf eine solche Revision der Schrift; so beispielsweise in Zeile 4, in der “Ein glänzend Schild” als erste Vershälfte zu den sich anschließenden resignierten Schriftzügen gelesen werden kann. Die Materialität der Aufzeichnung gibt keinen weiteren Hinweis dafür, welchem Szenario der Vorzug zu geben ist; in beiden Fällen ist die Relation von Präsenz und Absenz, Lesbarkeit und Nicht-Entzifferbarkeit sowie Ein- und Entschreibung gleichermaßen wesentlich für die Verfasstheit und den Sinn der poetischen Rede. An den Manuskriptseiten wurde deutlich, dass sowohl der poetologische Reflexionsbereich literarischer Produktion als auch die poetische Bedeutung der Aufzeichnungen bei Hölderlin die Dimension des Schreibens als einem auf Wort- und Satzsemantik reduzierten Sprachdenken transzendiert. Hölderlins Dichten in Schrift und im Dialog mit ihrer materiellen Verfasstheit und Gestalt beschreibt eine resignierende Verfahrensweise, die jeder Instrumentalisierung von Sprache diametral entgegensteht; sie umfasst sowohl die psychologische Dimension der Resignation in der Erschütterung des Subjekts bezüglich seiner (sprachlichen) Souveränität durch die semantische ‘Autonomie’ des Materials als auch die Resignation als Re-Aktion, dem schriftlichen Verhalten zu dieser Erfahrung. Jede Aufzeichnung Hölderlins wird zu gleichen Teilen bedingt von der Intention des Autors einerseits und der Eigen- und Widerständigkeit der Schrift andererseits. Diese Eigenlogik der Schrift im Sinne einer ungeplanten bzw. unplanbaren graphischen Ordnung des Geschriebenen, die für Hölderlin als solche wiederum Anlass der Resignation wird, kann vor allem mit Blick auf den gesetzten thematischen Schwerpunkt der Untersuchung als ‘Kontingenz’ bezeichnet werden. Die Bedeutung des lateinischen Wortes contingere ist eng mit den genannten Momenten der Resignation verbunden, insofern es das gesamte Spektrum des (kon)taktilen Schreibens entfaltet. So benennt ‘Kontingenz’ ursprünglich nicht nur das einfache ‘Berühren’ eines Gegenstandes oder das ‘Sich-Berühren’ seiner Teile, die ‘Beziehung’ oder das ‘Verhältnis’ zu etwas anderem, sondern auch, in der Berührung etwas ‘teilhaftig’ zu werden und darin etwas ‘zur Darstellung zu bringen’ (cf. Georges 1998: Sp. 1616, s.v. “contingo”). Zudem beschreibt contingere in der Bedeutung von ‘sich treffen, sich fügen’ und ‘glücken, gelingen’ (cf. ebd.) das ästhetische Ereignis eines Kontakts, der strukturstiftende Qualität besitzt. RE/ SIGNATION 281 Die Wechselbeziehung von Intention und Kontingenz in jeder schriftlichen Äußerung, die gleichzeitig Relevanz für die gesamte Schriftordnung besitzt, lässt sich beispielsweise an der Spannung zwischen Zeilen- und Versgrenzen nachzeichnen: Zeilengrenzen sind in Hölderlins lyrischen Entwürfen im Gegensatz zu kontrollierten Versgrenzen zwar allein der Seitenbreite oder dem Weißraum des Blattes als verfügbarer Schreibfläche geschuldet. Die semantische Einheit jedoch, die dadurch erzeugt wird, initiiert oftmals eine schriftliche Reaktion und wird so zum Movens des poetischen Schreibens. Die Konsequenzen dieser Wechselbeziehung für den Autor wie für den Leser sind in einer grundsätzlichen Destabilisierung der Subjektposition zu sehen: Die ‘eigene Rede’ ist zugleich die des ‘Anderen’ (cf. Reuß 1990), der sie verändert und neue Bezüge schafft, das vouloirdire des Schreibens eines, das sich erst in einem kommunikativen Prozess herstellt. Dies steht in enger Verbindung mit Hölderlins poetologischer Grundüberzeugung, die sich gegen die Vorstellung einer ‘reinen’ Subjektivität als selbstsuffizientem Prinzip wendet und ihr die unhintergehbare Beziehung und ästhetische Vermittlung von Subjekt und Objekt entgegenhält. Das Geschriebene - und d.h., wie sich zeigen ließ, insbesondere die Struktur der materiellen Schrift - ist bei Hölderlin als die ‘individuelle Repräsentation’ dieser Vermittlung zu begreifen, als ‘utopische’ Einheit aufgrund ihrer Aktualisierung ‘jenseits’ der Trennung von Gesagtem und Vorsprachlichem, die zu keinem bestimmten Zeitpunkt eindeutig zu lokalisieren oder zu abstrahieren ist. Die Schrift ist daher Zeuge einer Vermittlung als dialogisches Schriftgeschehen. Besonders das Homburger Folioheft bestätigt mit der “Äußerlichkeit” der Schrift “als eines nichtreduzierbaren Elements auf dem Schauplatz der Bedeutung” (Wellbery 1993: 343) die prinzipielle Unablösbarkeit von Sinn und Sinnlichkeit, die Handschriften generell eignet. Entsprechend muss sich die Handschriften-Interpretation einer Manuskriptseite Hölderlins gegenüber der herkömmlichen Textinterpretation einer Druckseite dadurch auszeichnen, dass sie der ‘Selbstreferentialität’ und ‘Selbstberührung’ des Graphischen eine zentrale Rolle zukommen lässt. Die Analyse und Interpretation einer Handschrift steht so einer hermeneutischen Position gegenüber, die sich an einem außersprachlichen bzw. außerschriftlichen Signifikat orientiert und dieses zum einzigen Ziel des Verstehens erhebt. Aus dem Nachvollzug von Hölderlins resignierendem Schreiben erwächst die Aufgabe eines angemessenen methodischen Umgangs mit Entwurfshandschriften überhaupt, da der Verstehensprozess durch die komplexe Schriftordnung der Manuskripte permanent irritiert und immer wieder neu herausgefordert wird. Bibliographie Badiou, Alain 2010: Kleines tragbares Pantheon, aus dem Französischen von Elfriede Müller und David Horst, Berlin: August Verlag Barthes, Roland 1981: Das Reich der Zeichen, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag Barthes, Roland 1983: “Non multa sed multum”, in: ders.: Cy Twombly, Berlin: Merve Verlag: 7-37 Barthes, Roland 2006: Variations sur l’écriture / Variationen über Schrift. Französisch-Deutsch, übers. von Hans- Horst Henschen und mit einem Nachwort von Hanns-Josef Ortheil, Mainz: Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung Bastian, Heiner 1991: “Semina Motuum”, in: ders. (ed.): Cy Twombly: Letter of Resignation, mit einem Text versehen von Heiner Bastian, Berlin/ Rom: Schirmer Mosel, n.p. Breton, André 1941: “Genesis und künstlerische Perspektiven des Surrealismus”, in: ders. 1967: Der Surrealismus und die Malerei, herausgegeben unter Beratung von Herbert von Buttlar u.a., Berlin: Propyläen-Verlag: 5-20 Coulmas, Florian 1981: Über Schrift, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag Martin Endres 282 Forcellini, Aegidio u.a. (eds.) 4 1926: Lexicon totius Latinitatis, 6 Bd. Bologna/ Pavia Fresne Du Cange, Charles du (ed.) 1954: Glossarium Mediae Et Infimae Latinitatis, Bd. 4, unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1883-1887, Graz: Akademische Drucku. Verlagsanstalt Georges, Heinrich (ed.) 8 1998: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Aus den Quellen zusammengetragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und Antiquitäten unter Berücksichtigung der besten Hilfsmittel ausgearbeitet, unveränderter Nachdruck der achten verbesserten und vermehrten Auflage, 2 Bd., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft Hölderlin, Friedrich 1986: Supplement III. Homburger Folioheft, in: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, herausgegeben von Dietrich E. Sattler u.a., Basel/ Frankfurt am Main: Stroemfeld Verlag Göricke, Jutta 1995: Cy Twombly. Spurensuche, München: Schreiber Lévinas, Emmanuel 1999: Die Spur des Anderen. Untersuchungen zur Phänomenologie und Sozialphilosophie, Freiburg/ München: Karl Alber Nancy, Jean-Luc 2007: Corpus, Zürich/ Berlin: diaphanes Pfeifer, Wolfgang (ed.) 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Berlin: dtv-Verlag Quicherat, Louis (ed.) 2 1878: Thesaurus Poeticus linguae latinae, Paris Reuß, Roland 1990: “… / Die eigene Rede des andern”. Hölderlins Andenken und Mnemosyne, Basel/ Frankfurt am Main: Stroemfeld Verlag Sandler, Irving 1974: Abstrakter Expressionismus. Der Triumph der Amerikanischen Malerei, Herrsching: Pawlak Verlagsgesellschaft Wellbery, David E. 1993: “Die Äußerlichkeit der Schrift”, in: Hans Ulrich Gumbrecht und K. Ludwig Pfeiffer (eds.): Schrift, München: Fink: 337-348 Witte, Georg 2006: “Die Phänomenalität der Linie - graphisch, graphematisch”, in: Werner Busch, Oliver Jehle und Carolin Meister (eds.): Dimensionen der Linie. Zeichnung zwischen Expression und Experiment, München: Fink: 29-54