eJournals lendemains 42/168

lendemains
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
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2017
42168

Karibische Literaturen zwischen ‚Weltliteratur‘ und ‚Literaturen der Welt‘

2017
Gesine Müller
ldm421680073
73 Dossier Gesine Müller Karibische Literaturen zwischen ‚Weltliteratur‘ und ‚Literaturen der Welt‘ Die mit neuer Intensität geführte Debatte um den Begriff der ‚Weltliteratur‘ gehört zu den kulturwissenschaftlichen Kontroversen unserer Zeit, die besonders eng mit Fragen globaler Vernetzungen in einer polyzentrischen Welt verbunden sind. Während die zeitdiagnostische Literatur zu den Funktionsweisen und Krisensymptomen des aktuellen Globalisierungsschubs die institutionelle, wirtschaftliche und kulturelle Hegemonie des Globalen Nordens gegenüber dem Süden umfassend zur Disposition stellt, prägen hegemoniale Implikationen nach wie vor führende Positionen der aktuellen Weltliteraturdebatte. Diese Problemlage soll in den folgenden Überlegungen kurz skizziert werden, um dann auf die neue Perspektivierung polyzentrischer Dynamiken im Kontext der Programmatik von ‚Literaturen der Welt‘ am Beispiel karibischer Literaturen einzugehen. Insbesondere geht es darum, das produktive konzeptionelle Spannungsfeld der verschiedenen Begriffsbildungen auf die Selektionsmechanismen global agierender Verlage in der Praxis zu beziehen. Karibische Literaturen sind in der Vergangenheit nur unzureichend als ‚Weltliteratur‘ in Betracht gezogen worden. Gleichzeitig erfüllen sie so paradigmatisch wie kaum eine andere literarische Tradition der Welt die Kriterien, die an die Neukonzeptualisierung des Begriffs ‚Literaturen der Welt‘ angelegt werden. In diesem Spannungsfeld lässt sich auf der praktischen Ebene verlegerischer Selektion eine neu zu konstatierende Wechselwirkung beider Konzepte feststellen. 1 Die Debatte um ‚Weltliteratur‘ und ‚Literaturen der Welt‘ In einem Tischgespräch im Jahre 1827 mit Freunden, unter anderem Eckermann, beklagte Goethe, dass die Deutschen nicht aus dem engen Kreis der eigenen Umgebung hinausblicken, und empfahl ihnen, sich bei fremden Nationen umzusehen. Danach stellte er mit sentenziöser Entschiedenheit fest: „National-Literatur will jetzt nicht viel sagen, die Epoche der Weltliteratur ist an der Zeit und jeder muß dazu wirken, diese Epoche zu beschleunigen“ (zit. nach Lamping 2010: 17). Bekanntlich hat der Begriff der ‚Weltliteratur‘ seit seiner Goethe’schen Prägung eine intensive Rezeptionsgeschichte erfahren. Spätestens seit Erich Auerbachs Aufsatz „Philologie der Weltliteratur“ von 1952 ist das Goetheʼsche Konzept zunehmend in die Kritik geraten, dies vor allem im Blick auf seine eurozentrische Dimension und die Möglichkeit eines nationalliterarischen Rückbezugs (Ette 2003: 22sq.; Grotz 2008: 225). Die kolonialen Kulturbeziehungen und die daraus erwachsenen Asymmetrien der Aneignungsprozesse waren für Goethe noch kein Thema. In den letzten zwanzig Jahren etablierte sich nun eine neue Rezeptionsstufe in der international seit zweieinhalb Jahrhunderten geführten Debatte um das Konzept 74 Dossier der ‚Weltliteratur‘. Diese vornehmlich an den führenden US-amerikanischen Kaderschmieden geführte Diskussion untersucht das Konzept vorwiegend auf einer analytisch-deskriptiven Ebene und wird kontrovers vertreten, sei dies von Franco Moretti, David Damrosch, Emily Apter oder Pascale Casanova. Dabei gelingt es jedoch nicht, sich gänzlich von lange tradierten Binaritäten zu lösen. Casanova beispielsweise hat in ihrem im französischen Original 1999 erschienenen, vielbesprochenen Buch The World Republic of Letters Dichotomien wie Zentrum - Peripherie nicht aufgegeben, ganz im Gegenteil: Sie sieht insbesondere Paris im Zentrum einer literarischen Weltkarte und spricht von einer „geography [that] is based on the opposition between a capital, on the one hand, and peripheral dependencies whose relationship to the center is defined by their aesthetic distance from it“ (Casanova 2007: 12). Die Kartographierung einer (Literatur-)Geschichte der Welt in solchen Dichotomien hat die Wahrnehmung vermeintlich ‚peripherer‘ Literaturen selbstverständlich sehr nachhaltig geprägt, was für Literaturen aus der Karibik von grundlegender Bedeutung ist. Zu Beginn des neuen Jahrtausends unternahmen die US-amerikanischen Literaturwissenschaftler Franco Moretti aus Stanford und David Damrosch aus Harvard umfangreiche Studien zum Weltliteraturbegriff (Damrosch 2003; Moretti 2000). Moretti ging in seinem Aufsatz „Conjectures on World Literature“ von der These aus, dass Weltliteratur im Rahmen komparatistischer Literaturforschung immer ein beschränktes Unternehmen war, erst heute bilde sie ein weltumspannendes System. Auf epistemologischer Ebene wird jedoch auch bei ihm grundsätzlich in Dichotomien gedacht: Zentrum und Peripherie, Ausgangs- und Zielkultur, etc. - immer erfolgt Wissens- und Kulturtransfer in einer Richtung, sind Werke und Autoren offensichtlich klar einer von beiden Kulturen zuzuordnen, stehen sich Räume gegenüber. David Damrosch, auch wenn er gleichfalls den Kategorien von ,fremd‘ und ,eigen‘ verhaftet bleibt, zeigt sich im Vergleich zu Moretti schon wesentlich differenzierter in seinen Überlegungen etwa zu Zirkulationsprozessen von (Welt-)Literatur oder der Bedeutung von Übersetzungs- und Rezeptionsfaktoren. Trotz vereinzelter Bemühungen − gerade in den USA −, den Goethe’schen Weltliteraturbegriff für globalisierungsaffirmative Diskurse zu öffnen und ihn einer zeitgemäßen Globalisierungsprogrammatik zu unterwerfen, festigt auch der zunächst originell anmutende Entwurf Damroschs letztlich wieder einstmalige Bipolaritäten: Weltliteratur beginnt für ihn immer in einer irgendwie gearteten Nationalliteratur, hat immer einen irgendwie gearteten Kern, eine Essenz, was problematisch erscheint, wenn man an die Genese von Literatur in der heutigen Phase beschleunigter Globalisierung denkt. Impliziert man auch Literaturen von Autoren, die nicht mehr klar einem nationalen Kontext zugeordnet werden können, so geht es doch gerade darum, die Polarität von Nation auf der einen und Welt auf der anderen Seite aufzulösen und sich in einem dritten Raum zu etablieren, der in Damroschs Modell schlicht nicht vorgesehen ist. Insistiert Damrosch - und das ist vielleicht der interessanteste Aspekt seines Buchs - auch auf der Bedeutung von Rezeptions- und Translationsprozessen, so gelingt es ihm doch nicht, seinen eigenen Standpunkt zu hinterfragen und diese Binarität von west („our 75 Dossier values“, Damrosch 2003: 70) und the rest (Kulturen, die dann von ‚uns‘ rezipiert werden) zu überwinden, was ja gerade die Idee eines wirklich universalen oder zumindest grenzüberschreitenden Analysemodells von Weltliteratur aus literaturtheoretischer Perspektive sein müsste. Interessant in diesem Zusammenhang ist nun der nicht analytisch-deskriptiv, sondern vielmehr programmatisch ausgerichtete Begriff der ‚Literaturen der Welt‘ : Er knüpft an die ‚klassische‘ Vorstellung der Weltliteratur zwar an, doch liegt ihm eine völlig andere Programmatik zugrunde. Es geht um den Anspruch, aus einer globalen Perspektive die Trennung zwischen Zentrum und Peripherie in literarischen Produktionen aufzuheben, mithin schon die Genese der Kulturproduktion in transnationalen Konstellationen zu denken. Der Begriff ‚Literaturen der Welt‘ ist in Deutschland etwa seit dem Jahr 2000 im Umfeld verschiedener Institutionen des Literatur- und Kulturbetriebs aufgekommen, die um eine Perspektiverweiterung bemüht waren: So verfolgt das Haus der Kulturen der Welt in Berlin mit der Pluralbildung einen programmatischen Anspruch von Kultur- und Literaturvermittlung jenseits westlicher Hegemonie, wie auch das Internationale Literaturfestival Berlin, das seit 2001 eine eigene Programmsparte „Literaturen der Welt“ führt. Das Goethe-Institut würdigt mit dem Begriff die besonderen Leistungen der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika in der Übersetzungsförderung seit den 1970er Jahren und zielt damit auf die Inklusion marginalisierter literarischer Werke und Traditionen in den deutschsprachigen Buchmarkt. In einem Aufsatz formulierte Ottmar Ette 2004 „Fünf Thesen zum Weltbewusstsein und den Literaturen der Welt“. Ausgehend von Erich Auerbachs „Philologie der Weltliteratur“, die er kritisch weiterdenkt, macht Ette den Begriff der ‚Literaturen der Welt‘ gegen ein eurozentrisches Weltliteraturkonzept stark. Elke Sturm-Trigonakis (2007) benennt als zentrale Kategorien für den von ihr ähnlich definierten Begriff der ‚Neuen Weltliteratur‘ Mehrsprachigkeit und hochspezialisiertes Nomadentum. Das Konzept der ‚Literaturen der Welt‘ ist - anders als beim Goethe’schen Begriff der ‚Weltliteratur‘ - nicht an eine vorbildgebende, zentrierende Funktion der abendländischen Antike oder Europas zurückgebunden. Mit dem Terminus ‚Literaturen der Welt‘ werde, so Ottmar Ette, dem alten Begriff der ‚Weltliteratur‘ eine völlig neue Bedeutung abgewonnen, eine Bedeutung, die unverkennbar jenseits nicht nur des Nationalstaats, sondern jenseits der Nationalliteratur liege, auch wenn diese weiterhin über äußerst wichtige Instanzen der Produktion, Reproduktion, Distribution und Rezeption verfüge. Die Literaturen der Welt hätten an Sesshaftigkeit verloren und in zunehmendem Maße nomadisierende, in Bewegung befindliche Denk-, Schreib- und Wahrnehmungsmuster in sich aufgenommen (Ette 2004: 179). Unternimmt man eine Gegenüberstellung der Konzepte ‚Weltliteratur‘ und ‚Literaturen der Welt‘, so lassen sich aus meiner Sicht fünf Charakteristika ausmachen, die vergleichbar verbindlich für beide Konzepte gelten, aber oft aus diametral entgegengesetzten Perspektiven fokussiert werden und damit einen Paradigmenwechsel fördern: 76 Dossier 1) Mehrsprachigkeit: Während für ‚Weltliteratur‘ der Übersetzungsindex zählt, ist ein Kriterium für ‚Literaturen der Welt‘, dass Mehrsprachigkeit in den Romanen inszeniert wird. 2) Bewegung: Die Inszenierung von Bewegung funktioniert beim Konzept ‚Weltliteratur‘ immer rückgebunden an eine europäische Perspektive, während ‚Literaturen der Welt‘ für eine Auflösung von Zentrum und Peripherie stehen. 3) Global - Lokal: Die Hinwendung zum Regionalen hat für Befürworter von ‚Weltliteratur‘ meist die Intention, einen Mikrokosmos darzustellen, der stellvertretend für einen Makrokosmos steht, während die konkrete Inszenierung von Regionalität in ‚Literaturen der Welt‘ das Partikulare betont. 4) Nicht-Sesshaftigkeit: Der Ort des Schreibens ist indirekt, aber nicht zwingend, Voraussetzung für die Zuordnung zu einem der beiden Konzepte. Nicht-sesshafte Autoren haben privilegierte Voraussetzungen, in den Kanon von ‚Literaturen der Welt‘ aufgenommen zu werden. 5) Deutungshoheit Europa/ USA : Beide Konzepte wollen universal verbindliche Literaturen kanonisieren, wobei für ‚Weltliteratur‘ ein westlicher Deutungsanspruch behauptet wird. Vertreter von ‚Literaturen der Welt‘ erklären diesen zwar für obsolet, er wird aber dennoch - angesichts realer Institutionalisierungsprozesse - in der westlichen beziehungsweise nördlichen Hemisphäre ausgeübt. Wichtig ist aus meiner Sicht beim Vergleich beider Konzepte, dass sie für zwei Möglichkeiten von Paradigmenbildung in Literaturtheorie und Kulturbetrieb stehen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ihre Kriterien oftmals eine große Schnittmenge in der Auswahl literarischer Primärtexte haben. Eben diese Schnittmenge erweist sich als besonders aussagekräftig in der internationalen Vermarktung und Rezeption karibischer Literaturen. Meine These ist, dass karibische Literaturen privilegierte Voraussetzungen haben, in den Kanon der Literaturen der Welt aufgenommen zu werden, da sie besonders viele der genannten Kriterien erfüllen. Gleichzeitig lässt sich angesichts dieser Bestandsaufnahme eine neu zu konstatierende Wechselwirkung zwischen ‚Weltliteratur‘ und ‚Literaturen der Welt‘ auf der Ebene verlegerischer Kanonisierungen zeigen. Genauer gesagt: die westlich dominierte Verlagsindustrie legt bei der Auswahl internationaler Literaturen aus Regionen, die einst als peripher bezeichnet wurden, in einer ersten Stufe den Selektionsfilter ‚Literaturen der Welt‘ an. Literarische Texte, die dieses Nadelöhr erfolgreich passiert haben, werden in einem zweiten Schritt zu ‚Weltliteratur‘. Weltliteratur aus der Karibik Die Inselwelt der Karibik kann als ein zusammenhängender und zugleich heterogener, disparater Bewegungsraum verstanden werden, der bis heute kulturell geprägt ist von seiner wechselvollen kolonialen Vergangenheit. Seit der sogenannten Ent- 77 Dossier deckung durch Kolumbus 1492 bringt die kaleidoskopartige Welt der Karibik unterschiedliche ethnische Gruppen zusammen. Indigene, europäische, afrikanische und asiatische Bevölkerungsgruppen treffen hier aufeinander und nicht umsonst gilt die Karibik um 1500 als Schauplatz einer ersten Phase beschleunigter Globalisierung. Das macht sie zu einem faszinierenden Ausgangspunkt für die Untersuchung weltliterarischer Selektionsprozesse. Ihre Literaturen formten sich in komplexen dynamischen Transfer- und Zirkulationsprozessen - sowohl innerkaribisch als auch im Austausch mit Afrika, den beiden Amerikas, Asien und nicht zuletzt natürlich mit Europa. Bereits in der Frühen Neuzeit werden hier Phänomene und Prozesse vorweggenommen, die für unsere heutigen Gesellschaften von höchster Aktualität sind: Migration, Zirkulation und Vernetzung zwischen verschiedensten geographischen Räumen, aber auch Orientierungs- und Heimatlosigkeit. Karibische Literaturen, darauf hat u. a. auch Birgit Neumann (Müller/ Neumann, im Druck) hingewiesen, stehen wie kaum eine andere literarische Tradition für das Zusammenspiel von Deterritorialisierung und topographischer Konkretisierung, für transkulturelle Translations- und Transformationsprozesse von Epistemen und Ästhetiken und für literarische Modellierungen transterritorialer Vernetzungen. Sie verlangen daher nach einer Betrachtungsweise, die den vielschichtigen, fluktuierenden und diskontinuierlichen Dynamiken geopolitischer und geopoetischer Ordnungen gerecht werden kann (Ette 2007; Phillips Casteel 2011; Müller 2012; Neumann/ Rupp 2015; Ludwig 2015). Angesichts unhintergehbarer Verschränkungen globaler und lokaler Konfigurationen öffnen sich karibische Literaturen vielleicht immer schon dem Versuch, Welten neu und anders - nämlich aus subalterner Perspektive - zu figurieren, die durch literarische Konkretisierungen bzw. Situationsbildungen überhaupt erst vorstellbar und erfahrbar werden (Dünne 2015). Der grenzüberschreitenden Dynamik karibischer Geopolitiken entsprechen literarische Verfahren, die transkulturelle Vernetzungen ästhetisch modellieren und vorwegnehmen (cf. Müller/ Neumann, im Druck). Karibische Literaturen tragen den formulierten Kriterien für Literaturen der Welt somit in überdurchschnittlicher Weise Rechnung. Gleichzeitig werden bis heute nur relativ wenige Texte von karibischen Autoren als Weltliteratur rezipiert und entsprechend zirkuliert. Beispiele aus der englischsprachigen Karibik stehen exemplarisch für das erwähnte Phänomen einer großen Schnittmenge beider Konzepte: Bereits tradierte Weltliteratur aus der anglophonen Karibik zeigt die Relevanz der neu formulierten Kriterien der Nicht-Sesshaftigkeit, der Inszenierung von Bewegung in Ablösung von Zentrum-Peripherie-Logiken und einer Betonung des Partikularen, oftmals auch des Archipelischen. Man könnte sogar sagen, dass gerade solche Texte aus der englischsprachigen Karibik als Weltliteratur kanonisiert worden sind, die dem genannten Perspektivwechsel hin zu Literaturen der Welt entsprechen können: Man denke nur an Derek Walcotts postkoloniales Epos Omeros aus dem Jahre 1990, ein in vielerlei Hinsicht […] paradigmatisches weltliterarisches Werk - und dies weniger wegen seiner Übersetzung in andere Sprachen als vielmehr wegen seiner literarisch vollzogenen 78 Dossier Transfer- und Transformationsgeschichten, die es zu einem vielschichtigen Experimentierraum für ein geteiltes, aber lokal situiertes Weltbewusstsein machen (Müller/ Neumann, im Druck). Im Kontext von Weltliteratur-Logiken und Kanonisierungsprozessen spielt es eine entscheidende Rolle, wenn Texte nicht erst in die nach wie vor wichtigste Sprache für globale Zirkulationsprozesse, ins Englische, übersetzt werden müssen, weshalb die englischsprachige Karibik hier eine Sonderstellung einnimmt. Erwähnenswerte Texte, die erfolgreich weltliterarisch kanonisiert wurden, sind weiterhin Edmund Kamau Brathwaites The Arrivants (1967-1973), Jean Rhysʼ Wide Sargasso Sea (1966), V. S. Naipauls The Enigma of Arrival (1987) und Dionne Brands In Another Place, Not Here (1996). Während Literaturen aus der englischsprachigen Karibik also durchaus als Weltliteratur rezipiert worden sind und gleichzeitig richtungsweisend für Konzepte von Literaturen der Welt sein können, ist eine weltliterarische Kanonisierung im Falle der spanisch- und insbesondere der französischsprachigen Karibik nur in Ausnahmefällen oder gar nicht erfolgt. Ich möchte im Folgenden nun einzelne Schlaglichter auf Ausnahmeerscheinungen von weltliterarischer Kanonisierung aus diesem für die Romanistik entscheidenden Kontext werfen, um dann die Herausbildung von Literaturen der Welt aus der spanisch- und französischsprachigen Karibik zu skizzieren und zu kommentieren. 2 Schlaglicht eins: Unstrittig zum Kanon der Weltliteratur gehört für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts der auf Guadeloupe geborene und aufgewachsene Saint-John Perse mit seinen Dichtungen (Eloges 1911; Anabase 1924; Exil 1942; Vents 1946; Amers 1957), die sich gerade nicht an der karibischen Lebenswirklichkeit orientieren, sondern an der modernen französischen Lyrik in der Tradition Arthur Rimbauds. 1960 erhielt Saint-John Perse den Nobelpreis für Literatur. Schlaglicht zwei: In die ursprünglich frankophone Ausprägung der in den 1930er Jahren stark werdenden Négritude-Bewegung mit ihrem neuen ,schwarzen‘ Selbstbewusstsein finden auch Autoren der hispanophonen Karibik Einzug. Von besonderer - durchaus weltliterarischer - Bedeutung ist hier der kubanische Autor Alejo Carpentier. Seine Werke sind einer eigenen Variante des real maravilloso zuzuordnen. Der Begriff des Magischen Realismus, für den lateinamerikanische Autoren später weltberühmt wurden, geht auf eine Formulierung seinerseits im Vorwort von El reino de este mundo (1949) zurück. Selektionsfilter für eine besonders günstige Aufnahme der ‚literarischen Qualität‘ von Carpentiers Werk sind seine Anschlussfähigkeit an den französischen Surrealismus und eine spezifische Art der Realitätsdarstellung, die mythisch-magische Praktiken als real inszeniert und beim europäischen Publikum als exotistisch anklang. Schlaglicht drei: Kubanische Literaturen insgesamt haben seit der kubanischen Revolution von 1959 eine Modellfunktion, die durchaus auf einer weltliterarischen Ebene rezipiert wurde. Dies hängt mit dem Boom lateinamerikanischer Literaturen der 1960er Jahre zusammen, auf den ich hier nicht näher eingehe. Als knappes 79 Dossier Beispiel zu Kuba: Guillermo Cabrera Infante entfaltet seine literarische Durchsetzungskraft über eine politische (wenn auch anti-kubanische) Dimension sowie über die Anschlussfähigkeit an experimentelle Schreibverfahren, die vor allem im französischen nouveau roman vorgeprägt waren. Eine Modellfunktion Kubas wurde ab 1959 bis in die späten 1970er Jahre in der europäischen und US -amerikanischen Rezeptionslandschaft von führenden Verlagen mit intellektualistischem Anspruch affirmiert. Karibische Literaturen aktuell: Neue Modi verlegerischer Rezeption Während die erwähnten franko- und hispanophonen Autoren vor allem innerhalb einer recht spezialisierten Leserschicht und vor dem Hintergrund ihrer Anschlussfähigkeit an europäische, insbesondere französische Traditionen auf eine gewisse Rezeption verweisen können, hat sich bekanntlich spätestens seit Beginn der 1990er Jahre weltweit eine Gruppe frankophoner Schriftsteller durchgesetzt, die neben der literarischen Produktion auf ein philosophisch motiviertes und aus dem karibischen Erfahrungskontext gespeistes essayistisches Œuvre verweisen kann. Das Anliegen der Autoren um Patrick Chamoiseau und Raphaël Confiant aus Martinique kann als eine Variante der konzeptionellen Implikation von Mehrsprachigkeit in literarischen Texten gelesen werden, wie ich sie eingangs als Merkmal von Literaturen der Welt benannt habe. Ihre Zugehörigkeit zu den Literaturen der Welt findet ihren stärksten Ausdruck darin, dass sie den Akt der Auflehnung gegen die kulturelle Assimilation, der ein wesentliches Element der literarischen Debatte der Antillen darstellt, nicht an den Inhalt, sondern an die ästhetische Ebene knüpfen. Der Erfolg dieser literarischen Sprache hat dabei möglicherweise Konsequenzen für das Standardfranzösisch, denn über den Weg der großen Literaturpreise - spätestens seit der Verleihung des Prix Goncourt an Patrick Chamoiseau für seinen Roman Texaco (1992) - gehen Texte in kreolisch-oral durchsetztem Französisch vermehrt in einen sich neu konturierenden literarischen Kanon ein, der in seiner traditionellen Form Grundlage für das Schriftfranzösisch ist. In diese Strömung schreibt sich auch die 1970 geborene Martinikanerin Fabienne Kanor mit ihrem Roman Humus (2006) ein. Auf inhaltlicher Ebene setzt sie einer starren Erinnerungspolitik an die Sklaverei eine neue Perspektivierung entgegen: Der auf einer wahren Begebenheit basierende Roman handelt von einer Gruppe von Sklavinnen im 18. Jahrhundert, von denen 14 vor der Überfahrt von Frankreich in die Karibik rebellierten und aus Protest über Bord sprangen. Raphaël Confiants Roman Adèle et la pacotilleuse von 2005 spielt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Karibik, ihrer Diaspora und in Frankreich. Mit den Mitteln einer mehrdimensionalen Polyphonie schildert Confiant die Begegnung von Victor Hugos Tochter Adèle mit Céline, einer karibischen pacotilleuse, einer Kleinkrämerin, die mit ihren Waren auf dem Meer zwischen den Inseln pendelt. Die pacotilleuses sind besonders interessante Figuren: Sie inszenieren die dezentrierte 80 Dossier Bewegung innerhalb des karibischen Archipels und die Partikularität der einzelnen Inseln genauso wie ihre weltweiten Verbindungen: Chaque île, mystérieusement affectionne un produit, une marchandise, une plante, un outil, des philtres et des onguents particuliers, des tissus dédaignés ailleurs. Pourtant, beaucoup de tout cela ne provient pas de l’Archipel. Toute la planète semble y déverser ses rêves (Confiant 2005: 69). Die pacotilleuses stehen für eine besondere solidarité géopolitique mit den Völkern der Karibik und eine solidarité anthropologique (beziehungsweise solidarité créole) mit außerkaribischen Gesellschaften, die durch ähnliche Kolonisationsund/ oder Kreolisierungsbedingungen geprägt wurden. Sie sind archipelische Figuren im Sinne von Édouard Glissant. 3 In seinem zwei Jahre später erschienenen Roman Case à Chine (2007) weitet Confiant den konkreten karibischen literarischen Inszenierungsraum auf dessen asiatische Dimension aus, indem er sich der Geschichte der chinesischen Einwanderer auf Martinique im 19. Jahrhundert widmet: Erzählt wird eine Grunderfahrung karibischer Identitäten aus einer innovativen Perspektive in Form der sich überkreuzenden Schicksale dreier chinesischer Familien und ihres Versuchs, der Hölle der Plantagen zu entfliehen und sich in das urbane Leben Martiniques zu integrieren, sich an eine neue Kultur und Sprache anzupassen. Édouard Glissants La terre magnétique: les errances de Rapa Nui, l’île de Pâques (2007) wiederum ist Teil eines Projektes mit dem Titel Les peuples de l’eau, das der Autor drei Jahre vor seinem Tod durchführt und das nicht nur Kunst und Leben auf avantgardistische Art miteinander vereint, sondern sich auch neuen Bewegungsräumen öffnet: Im Rahmen dieses Projekts bricht 2004 unter der Schirmherrschaft der UNESCO ein Dreimaster mit 24 Wissenschaftlern an Bord von Korsika zu einer Weltumsegelung auf und kehrt im Juni 2007 dorthin zurück. Zwölf Expeditionen führen zu acht Völkern, die nur vom Wasser aus erreichbar sind, da sie auf abgeschiedenen Inseln, an Flussufern oder an Küsten leben, wie die Yuhup am Amazonas oder die Rapa Nui auf den Osterinseln. Von Glissant ausgewählte Schriftsteller und Journalisten nehmen an jeweils einer der Expeditionen teil und zeugen von dem großen Wirkkreis dieses Projektes, der sich freilich nicht - allein − an etablierten Maßstäben wie einem Übersetzungsindex messen lässt: dazu gehören Régis Debray, Patrick Chamoiseau, J. M. G. Le Clézio, Antonio Tabucchi und André Velter. Wendet man sich nun einmal den klassischen französischen Institutionen zu, die sich als entscheidend für internationale Kanonisierungsprozesse erwiesen haben, ist ein Schlüsselpunkt sicherlich das Jahr 1992, als der prestigeträchtige Prix Goncourt nach etwas mehr als siebzig Jahren erstmals wieder an einen Autor von den Antillen geht. 1921 hatte zuletzt René Maran mit dem Roman Batouala gewonnen, ein Ereignis, das in die Geschichte einging als das erste Mal, dass ein als ‚schwarz‘ deklarierter Autor einen bedeutenden französischen Literaturpreis bekam. Nach einer erstaunlich und der Literaturproduktion der Antillen nicht 81 Dossier angemessen langen Pause erhielt den Preis 1992 dann Patrick Chamoiseau für Texaco, einen Roman, der paradigmatisch für das Konzept ‚Literaturen der Welt‘ stehen kann. Innerhalb der jüngeren Romanproduktion dieses Autors sticht besonders Un dimanche au cachot (2007) hervor, der ebenfalls mit einem französischen Literaturpreis gewürdigt wurde, und zwar mit dem Prix du Livre RFO 2008: Wie so häufig innerhalb der karibischen Gegenwartsliteratur von einer realistischen Begebenheit ausgehend - einem Mädchen, das sich in den Kellern eines Waisenhauses versteckt und sich weigert, diese wieder zu verlassen -, entspinnt der autoliterarisch auftretende Erzähler Chamoiseau eine Geschichte um die Vergangenheit dieser Kellermauern, die weit zurückreicht bis in die Zeit der Sklaverei. Themen wie Identitätsverlust innerhalb repressiver Ordnungen, Überlebensstrategien und Prozesse der Identitätssuche spielen dabei eine zentrale Rolle in einem Text, der starke intertextuelle Einschläge von Faulkner über Perse bis zu Glissant aufweist. Ein Prix Goncourt ging nach Chamoiseau nicht mehr an einen karibischen Autor, wohl aber der Prix Médicis, mit dem 2009 der in Montréal verlegte Haitianer Dany Laferrière für L’enigme du retour ausgezeichnet wurde, ein Ereignis, das für die karibische Literaturproduktion und ihre internationale Wahrnehmung wiederum als Schlüsselmoment gelten kann. Von einem exterioren Blick geprägt, erzählt der Roman eine Familiengeschichte zwischen Haiti und Kanada, in welcher der Protagonist, ein haitianischer Schriftsteller im Exil, anlässlich der Beerdigung seines Vaters nach Haiti zurückkehrt. Das hier anklingende und bei Literaturen der Welt so häufig anzutreffende Phänomen des nicht-sesshaften Schriftstellers spielt auch bei dem mehrfach ausgezeichneten haitianischen Autor Louis-Philippe Dalembert eine zentrale Rolle, sowohl literarisch als auch biographisch, au point qu’il [Dalembert, GM] semble ne pas appartenir à un lieu précis mais à tous les lieux à la fois. Sa vocation d’écrivain vagabond, incapable de s’enraciner quelque part, se reflète dans son œuvre poétique et romanesque dès ses premières publications, et le vagabondage physique devient aussi un vagabondage littéraire dans les genres et dans les langues (Vignoli 2016: 29). Seine jüngsten Romane setzen diese Idee des Vagabundierens als existenzielles Phänomen eines jeden schreibenden Individuums aus der Karibik konsequent um, so etwa Les Dieux voyagent la nuit (2006). In diesem autobiographisch geprägten Roman geht es, ausgehend von der Teilnahme der Erzählers an einem Voodoo- Ritual in New York, um eine Reise zurück in das Haiti seiner Kindheit, wo ihm die Teilnahme an solchen Praktiken untersagt war - dies alles geschildert in einer traumbeladenen Atmosphäre und zwischen Kreolisch und Pariser Französisch changierend. Solche Würdigungen karibischer Autoren über das System der renommierten Literaturpreise sind noch heute Ausnahmeerscheinungen. Es ist aber interessant zu sehen, dass der Verlag Gallimard, der zunächst Glissant, Confiant und Chamoiseau publiziert hat, in den letzten Jahren zunehmend Autoren aus der frankophonen Karibik vertritt, nachdem lange auch dort unter den antillanischen etwa kubanische 82 Dossier Autoren, wie der vorhin als Schlaglicht genannte Alejo Carpentier, unverhältnismäßig stark vertreten waren. Als Initialzündung könnte hier das vielzitierte, 2007 bei Gallimard publizierte Manifest Pour une littérature-monde gelten, an dem zahlreiche namhafte Autorinnen und Autoren wie Maryse Condé, Édouard Glissant, Fabienne Kanor und Dany Laferrière beteiligt waren und das sich dezidiert gegen die Zentrum- Peripherie-Logik des Francophoniekonzeptes wendet. Außerdem lässt sich beobachten, dass diese Gallimard-Autoren der frankophonen Karibik sehr stark die Kriterien von ‚Literaturen der Welt‘ vertreten. Fazit/ Ausblick Karibische Literaturen sind geradezu prädestiniert, in den Kanon der Literaturen der Welt aufgenommen zu werden. Gleichzeitig zeichnet sich angesichts dieser kurzen Bestandsaufnahme bei Gallimard, möglicherweise auch weit darüber hinaus, ein sich zunehmend etablierendes Zusammenspiel zwischen dem weltliterarischen Kriterium des Übersetzungsindex und ‚Literaturen der Welt‘ auf der Ebene verlegerischer Kanonisierungen ab: Was für Literaturen der anglophonen Karibik schon länger gilt, kann man zur Zeit auch auf dem französischen Buchmarkt beobachten, nämlich dass das Kriterium ‚Literaturen der Welt‘ bei der Auswahl karibischer Autoren für die Verlagsindustrie immer wichtiger wird. Literarische Texte, die diesen ersten Selektionsfilter erfolgreich passiert haben, durchlaufen anschließend die für eine internationale Kanonisierung entscheidenden Instanzen, die nach wie vor insbesondere in der westlichen Welt, in unserem Fall in Frankreich, liegen. Dieser Befund einer gesteigerten internationalen Zirkulation von Literaturen der Welt aufgrund konkreter Verlagspolitiken ist eine Beobachtung, deren systematische Untersuchung noch aussteht. Und es ist eine Entwicklung, die mit Blick auf das Potenzial des Konzepts ‚Literaturen der Welt‘ nur zu begrüßen ist. Eine neue Weltliteratur, orientiert an den Literaturen der Welt, muss sich von eurozentrischen Perspektiven stärker lösen, muss neue Dynamiken, neue Rezeptionsräume und immer auch machttheoretische Überlegungen einbeziehen, um auf der Höhe unserer Zeit ein hochkomplexes System globaler Selektions- und Zirkulationsprozesse interpretieren und in seinen Asymmetrien kritisch reflektieren zu können. Es bleibt zu hoffen, dass dabei von Seiten der Verlagsindustrie nicht nur das Argument der Verkaufszahlen eine Rolle spielt. Es tut Verlagen gut, sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ideell zu positionieren. Von der aktuellen Aufkündigung einer Hegemonie des Nordens, wie sie angesichts der gegenwartsbezogenen Erforschung globaler Verflechtungen in vielen Bereichen postuliert wird, kann auf der Ebene der Produktions- und Distributionsprozesse für karibische Literaturen auf dem globalen Buchmarkt keine Rede sein. Wohl aber zeichnet sich eine programmatische Neuausrichtung von Seiten global agierender Verleger ab, die vormals als peripher deklarierte literarische Traditionen neu bewerten. 83 Dossier Auerbach, Erich, „Philologie der Weltliteratur“, in: Erich Auerbach, Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie, ed. Fritz Schalk / Gustav Konrad, Bern/ München, Francke, 1967, 301-310. Bachmann-Medick, Doris, Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 3 2009. 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Diese Artikel enthalten, was die theoretischen Grundlagen betrifft, zum Teil ähnliche Argumentationen, zum Teil weiterführende und ergänzende Überlegungen. 2 Für wichtige Hinweise, vor allem in den folgenden Ausführungen, danke ich besonders Marion Schotsch und Leonie Meyer-Krentler. 3 Cf.: „La pensée archipélique convient à l’allure de nos mondes. Elle en emprunte l’ambigu, le fragile, le dérivé. […] c’est s’accorder à ce qui du monde s’est diffusé en archipels précisément, ces sortes de diversités dans l’étendue, qui pourtant rallient des rives et marient des horizons. Nous nous apercevons de ce qu’il y avait de continental, d’épais et qui pesait sur nous, dans les somptueuses pensées de système qui jusqu’à ce jour ont régi l’Histoire des humanités, et qui ne sont plus adéquates à nos éclatements, à nos histoires ni à nos non moins somptueuses errances“ (Glissant 1997: 31).