eJournals lendemains 34/136

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Narr Verlag Tübingen
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2009
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Europawahlen in Frankreich 2009

2009
Roland Höhne
ldm341360074
15: 32: 35 74 Actuelles Roland Höhne Europawahlen in Frankreich 2009 Auch in Frankreich bewirkten die diesjährigen Europawahlen keine Massenmobilisierung. Die Wahlbeteiligung war die geringste seit Einführung der Direktwahl des Europäischen Parlaments (EP) 1979 und lag mit 39,80% sogar noch unter EU- Durchschnitt (43%). 1 Im Gegensatz zum geringen Interesse der Wahlberechtigten stand das hohe Interesse der Politiker. So beteiligten sich 40 Parteien bzw. Gruppierungen mit 160 Listen an den Wahlen (2004: 168). 2 Von diesen erhielten aber nur sieben Listen Mandate (2004: 8) und sind damit im EP vertreten. Dort schlossen sich ihre Repräsentanten sechs verschiedenen Fraktionen an. 3 Sie sind damit fast über das gesamte EP verteilt. Diese starke Fraktionierung der französischen EP-Vertretung schwächt erheblich deren Möglichkeit, die europäische Politik parlamentarisch zu beeinflussen. Eindeutiger Sieger der Wahlen waren die Liste der Regierungsparteien unter der Führung der UMP mit 28% der Stimmen. Gegenüber den EU-Wahlen von 2004 (16,64%) gewannen sie fast 12% hinzu. Zum ersten Mal seit 1984 gelang es damit den Regierungsparteien den ersten Platz zu belegen. Die sozialistische Partei PS, die 2004 mit 28,89% siegreich gewesen war, kam dagegen diesmal nur auf 16,48%. Damit haben beide führenden Parteien Frankreichs gegenüber 2004 die Rollen vertauscht. Den dritten Platz belegten überraschend die grünen Umweltschützer Europe Ecologie unter Cohn-Bendit mit 16,2%. Die demokratische Bewegung MoDem, die unter Führung von François Bayrou den dritten Platz anstrebte, erhielt dagegen nur 8,5%, über 3% weniger als ihre Vorgängerpartei, die UDF (11,96%) 2004. Auf die radikale und extreme Linke entfielen zusammen rund 12%, auf die radikale und extreme Rechte zusammen 11,3% der Stimmen. Diese Ergebnisse unterscheiden sich erheblich von nationalen Hauptwahlen. Bei ihnen ist die Wahlbeteiligung wesentlich höher und es dominieren die beiden Großparteien UMP und PS eindeutig. Diese Unterschiede ergeben sich zum einen aus dem Doppelcharakter von EU-Wahlen, zum anderen aus dem Wahlgegenstand und dem Wahlrecht. 1. Der Doppelcharakter von Europawahlen Europawahlen dienen einerseits der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in den einzelnen Mitgliedstaaten und entscheiden damit über die parlamentarischen Einflußchancen der nationalen Parteien auf der europäischen Ebene, andererseits sind sie immer auch nationale „Nebenwahlen“, die das jeweilige Kräfteverhältnis der Parteien aufzeigen, da sich nationale und nicht europäische Par- 75 Actuelles teien zur Wahl stellen. Europawahlen sind zwar in den letzten dreißig Jahren zunehmend wichtiger geworden, da das Europäische Parlament (EP) in immer mehr Bereichen mit zu entscheiden hat, das Interesse der Bürger an EU-Wahlen hat dagegen ständig abgenommen, weil sie überzeugt sind, daß diese keinen direkten Einfluß auf ihre Lebensverhältnisse haben und daß die EU ein Elitenprojekt sei. Viele Bürger nehmen deshalb ihr Wahlrecht nicht wahr oder sie geben ihre Stimmen neuen, kleineren oder radikalen Parteien. Daraus erklären sich die hohe Wahlenthaltung sowie der spektakuläre Erfolg von Außenseitern. Ganz im Gegensatz zum geringen Interesse der Bürger an EU-Wahlen ist das Interesse der Parteien an denselben relativ groß. Sie betrachten diese als nationalen Meinungstest, als Stimmungsbarometer zwischen den nationalen Wahlen, deren Ergebnisse nicht nur das aktuelle Kräfteverhältnis zwischen den Parteien aufzeigen, sondern auch wichtige Aufschlüsse über die Entwicklungstendenzen des Parteiensystems geben. Die Parteien benutzen daher EU-Wahlen als Versuchsfeld für politische Projekte, Wahlbündnisse und Wahlstrategien. 2. Wahlmodalitäten Nach dem Vertrag von Nizza entsendet Frankreich nur noch 72 statt 78 Abgeordnete in das Europäische Parlament. Gewählt werden diese seit der Wahlrechtsreform von 2003 nach einem plurinominalen Verhältniswahlrecht über Listen in acht Wahlkreisen. 4 Es handelte sich dabei um starre Listen, auf denen die Wähler die Reihenfolge der Kandidaten nicht ändern können. Eine Fünf-Prozent-Hürde bei der Mandatsvergabe soll eine Zersplitterung der französischen EP-Repräsentation verhindern. Die Mandate werden in den einzelnen Wahlkreisen nach der Methode d’Hondt vergeben. 5 3. Wahlangebot Infolge des Wahlgegenstandes und des Wahlmodus von Europawahlen beteiligen sich an diesen außer den national relevanten Parteien auch Regionalparteien, Ein- Punkt-Parteien und Pseudoparteien. 6 Da die meisten Parteien Europawahlen primär als einen nationalen Popularitätstest betrachteten, stellten sie eigene Listen auf. Nur einige schlossen Wahlbündnisse wie bei nationalen Parlamentswahlen, so die führende Regierungspartei UMP mit ihrem kleineren Koalitionspartner Nouveau Centre (NC) sowie mehreren kleineren Gruppierungen wie La Gauche moderne die Majorité présidentielle, die Grünen les Verts mit Vertretern der Zivilgesellschaft die Europe Ecologie, die Linkssozialisten des Parti de Gauche PG mit den Kommunisten des PCF den Front de Gauche, das Mouvement pour la France (MPF) mit der antieuropäischen Protestbewegung Chasse, Pêche, Nature et Traditions (CPNT) Libertas, verschiedene Umweltgruppen (Mouvement écologiste indépendant von Antoine Waechter, Génération Ecologie, La France en action) die Alliance écologiste indépendante und verschiedene überseeische Gruppierungen die Alli- 76 Actuelles ance des Outre-Mers. 7 Allerdings waren nur sieben Listen bzw. Parteien in der Lage, in allen regionalen Wahlbezirken eigene Listen aufzustellen: die liberal-konservative Regierungspartei Union pour un mouvement populaire (UMP) gemeinsam mit dem kleinen rechtszentristischen Nouveau Centre (NC), die sozialistische Partei (PS), die linkszentristische Partei Mouvement Démocrate (MoDem), das ökologische Bündnis Europe Ecologie (EE), die europakritische Gruppierung Libertas aus dem souveränistischen Mouvement pour la France und der antieuropäischen Protestbewegung CPNT (Jäger und Angler), die grüne Liste Alliance écologiste indépendante und die Liste Europe Démocratie Esperanto. Drei weitere Listen waren in allen Wahlkreisen des Mutterlandes vertreten: der Front de Gauche (FG) aus Kommunisten und Neuer Linken (PCF/ PG), der aus der trotzkistischen LCR hervorgegangene Nouveau parti anticapitaliste (NPA) und der nationalistische Front national (FN). Einige Listen kandidierten nur in Übersee, so die Alliance des Outre-Mers. Das Wahlangebot der EU-Wahlen unterschied sich daher deutlich von demjenigen nationaler Wahlen. Trotzdem verliefen die Auseinandersetzungen des Wahlkampfes weitgehend entlang den dominierenden Konfliktlinien der französischen Politik. 8 4. Wahlkontext Die Europa-Wahlen fanden zwei Jahre nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 2007 und ein Jahr vor den Regionalwahlen 2010 statt. Sie boten daher allen relevanten Parteien die Möglichkeit, erstmals seit den nationalen Hauptwahlen erneut ihre Kräfte zu messen und sich günstige Ausgangspositionen für die Regionalwahlen zu schaffen. Überschattet wurden die Wahlen von der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, auf die Frankreich vor allem mit massiven staatlichen Stützungen der Finanzwirtschaft reagiert hatte. Es vermochte dadurch die nationalen Folgen der weltweiten Krise zu mildern, aber es erhöhte massiv sein Staatsdefizit. Dies würde sich früher oder später negativ auf die Handlungsfähigkeit des Staates und die Realwirtschaft auswirken. Die Parteien sahen sich daher mit Problemen konfrontiert, die sich erheblich von denen der EU-Wahlen 2004 unterschieden. 9 Die Parteien agierten in einer politischen Konstellation, die noch entscheidend von den nationalen Hauptwahlen 2007 bestimmt wurde. In der Präsidentschaftswahl hatten im 1. Wahlgang Nicolas Sarkozy 31,18%, seine sozialistische Konkurrentin Ségolène Royal 25,87% der Stimmen erhalten. Im 2.Wahlgang hatte sich dann Nicolas Sarkozy mit 53,06 zu 46,94%% der Stimmen durchgesetzt. Bei den anschließenden Legislativwahlen erhielt die ihn stützende Majorité Présidentielle 10 aus Konservativen, Postgaullisten, Liberalen und Christdemokraten 45,57% der Stimmen im 1. und 49,66% im 2. Wahlgang, davon die UMP 39,54% im 1. und 46,37% im 2. Wahlgang. Nicolas Sarkozy bildete eine Regierung aus überwiegend Vertretern von UMP und NC, nahm aber auch Vertreter der Mitte und der Linken sowie der „sichtbaren 77 Actuelles Minderheiten“ in das Kabinett auf, um dessen Basis zu erweitern und die Opposition zu schwächen. Er nahm zahlreiche Reformprojekte in Angriff und entfaltete eine rege internationale Tätigkeit, insbesondere während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2008, während des russisch-georgischen Krieges vom August des gleichen Jahres und der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise. Er konnte so sein Ansehen in der Öffentlichkeit erheblich verbessern. Den Sozialisten gelang es dagegen nach der Präsidentschaftswahl nicht, ihre Führungskrise zu lösen. Martine Aubry, die Bürgermeisterin von Lille, wurde zwar am 24. November 2008 durch Urwahl knapp vor ihrer Rivalin Ségolène Royal zur neuen Parteivorsitzenden gewählt, sie vermochte jedoch in der Kürze der Zeit nicht, die Partei personell und programmatisch neu aufzustellen. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen gingen daher weiter. Trotz eines gemeinsamen Wahlauftritts von Ségolène Royal und Martine Aubry am 27. Mai 2009 zog die Partei gespalten und geschwächt in den Wahlkampf. Die Position der PS verschlechterte sich weiterhin durch Abspaltungen. Im November 2008 gründeten PS-Dissidenten unter der Führung des sozialistischen Senators Jean-Luc Mélanchon den Parti de Gauche (PG) als sozialistische Alternative. Sie sollte zum Sammelbecken aller linken Kräfte einschließlich der Kommunisten und Ex-Trotzkisten werden. In ihrem Programm forderte sie daher u.a. eine Verstaatlichung der Banken, ein Kündigungsverbot für prosperierende Unternehmen und eine Erhöhung der Steuern für Besserverdienende. Den Vertrag von Lissabon lehnte sie ab, so wie ihr Gründer Mélanchon bereits im Referendum von 2005 den europäischen Verfassungsvertrag abgelehnt hatte. Ihr strategisches Ziel ist es, in Frankreich eine ähnliche Rolle zu spielen wie Die Linke im deutschen Parteiensystem. Da das bei nationalen Wahlen gültige absolute Mehrheitswahlrecht ihr parlamentarisch geringe Entfaltungsmöglichkeiten bietet, wollte sie die EU-Wahlen nutzen, um sich als relevanter politischer Akteur zu etablieren Die von dem Zentrumspolitiker François Bayrou während der Parlamentswahlen 2007 gegründete demokratische Bewegung Modem wollte die Schwäche der Sozialisten nutzen, um sich als eigenständige Kraft der Mitte im französischen Parteiensystem zu etablieren. Als Vorsitzender der UDF hatte sich Bayrou in den Jahren 2002-2007 aus der langjährigen Bindung an die regierende UMP gelöst und bei den Präsidentschaftswahlen von 2007 mit fast 19% der Stimmen den dritten Platz hinter Sarkozy und Royal belegt. Im 1. Wahlgang der Legislativwahlen stimmten aber nur noch 7,76% der Wähler für seine Partei. Infolge der 12,5%-Hürde des Wahlrechts konnten sich lediglich vier ihrer Kandidaten für den zweiten Wahlgang qualifizieren. Dank lokaler Arrangements gelang ihnen der Einzug in die Nationalversammlung. Dort bilden sie jedoch lediglich eine Splittergruppe ohne parlamentarische Bedeutung. Obwohl somit Bayrou mit seiner neozentristischen Strategie gescheitert war, verfolgte er diese weiter und lehnte bei den EU-Wahlen Wahlabsprachen mit anderen Parteien ab. Unerwartete Konkurrenz erhielt das Modem durch die Bildung der multikulturellen Umweltkoalition Europe Ecologie. In dieser hatten sich unter der Führung von 78 Actuelles Daniel Cohn-Bendit neben den grünen les Verts höchst gegensätzliche Persönlichkeiten wie der Globalisierungsgegner José Bové, die ehemalige Richterin Eva Joly und die algerienstämmige Sozialpolitikerin Karima Delli zusammengeschlossen. Zusammengehalten wurde die heterogene Koalition durch Umweltthemen und die Suche nach konkreten Lösungen für gesellschaftliche Probleme. Dadurch übte sie eine starke Anziehungskraft auf jüngere Bürger aus, die mit den Altparteien unzufrieden waren und nach neuen Wegen suchten. 5. Wahlkampf Der offizielle Wahlkampf wurde erst drei Wochen vor dem Wahltag eröffnet. Er wurde vor allem über die Massenmedien geführt. Öffentliche Wahlkampfveranstaltungen und Plakatwerbung spielten nur eine untergeordnete Rolle. Die in fast allen relevanten Parteien bestehenden unterschiedlichen Auffassungen über die Modalitäten der europäischen Zusammenarbeit wurden nicht öffentlich ausgetragen, um die Wahlchancen der betreffenden Parteien nicht zu schmälern. Kontroverse Themen wie das EU-Aufnahmebegehren der Türkei, die Grenzen der EU, das Verhältnis von staatlicher Souveränität und europäischer Integration wurden nur von den europakritischen sowie den europafeindlichen Parteien aufgegriffen. Deshalb dominierten innenpolitische Themen den Wahlkampf. Hauptakteure des Wahlkampfes waren die regierenden UMP und der oppositionelle PS. Beide Parteien kämpften um den ersten Platz, um ihren nationalen Führungsanspruch zu bekräftigen. Eine zentrale Rolle im Wahlkampf der UMP spielte Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Er eröffnete mit seiner Europarede von Nîmes am 5. Mai den Wahlkampf der Partei und betonte in den letzten Wochen vor dem Urnengang immer wieder sein europäisches Engagement. Die UMP berief sich auf die positive Bilanz der französischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2008 sowie auf die aktive Rolle der französischen Regierung bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Der PS führte wie 2004 einen überwiegend innen- und sozialpolitischen Wahlkampf gegen die Regierungspolitik. Europapolitisch forderte er ein „soziales Europa“ als Alternative zum „liberalen Europa“ der EU- Kommission. Inhaltlich bedeutete dies die Festschreibung gemeinsamer europäischer Ziele im Bereich der Sozialpolitik, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollen. Als Alternative zu den beiden Großparteien profilierte sich die demokratische Bewegung Modem des letzten UDF-Vorsitzenden und Präsidentschaftskandidaten von 2007, François Bayrou. Sein Wahlkampf richtete sich jedoch primär gegen die Politik des Staatspräsidenten, insbesondere während seiner EU-Ratspräsidentschaft und während des Georgienkonfliktes. Europapolitisch forderte das Modem ein stärkeres ökologisches Engagement der EU und höhere Forschungsausgaben sowie ein gemeinsames Vorgehen gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise, insbesondere in den Ländern des Euro- 79 Actuelles Raums. Ferner setzte es sich für den Erhalt der gemeinsamen EU-Agrarpolitik sowie für die Wahrung der nationalen Identität in Europa ein. Die Kleinparteien der radikalen und extremen Linken sowie der radikalen und extremen Rechten spielten im Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle. Sie nutzten diesen zur Propagierung ihrer spezifischen Zielsetzungen und rangen um die Führung ihres jeweiligen Lagers. Besonders die Rechtsparteien richteten heftige Angriffe gegen die EU-Wirtschafts- und Sozialpolitik und forderten die Verteidigung der nationalen Souveränität und Identität. 6. Wahlergebnisse Will man die Ergebnisse und Folgen der Europawahlen von 2009 analysieren, so muß man sie aufgrund des Doppelcharakters von EU-Wahlen sowohl mit den Europawahlen von 2004 als auch mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 2007 vergleichen. Der Vergleich mit den letzten Europawahlen verdeutlicht die Veränderungen der Stimmenanteil sowie der Mandatszahlen der einzelnen Parteien und damit deren Einflußchancen im Europäischen Parlament, der Vergleich mit den nationalen Hauptwahlen ermöglicht es, die systematischen Unterschiede im Wahlverhalten der Bürger bei Haupt- und Nebenwahlen aufzuzeigen, welche die Ergebnisse von Europawahlen prägen. Allerdings muß man beim Vergleich von nationalen und europäischen Parlamentswahlen beachten, daß beide nicht nur einen unterschiedlichen Wahlgegenstand haben, sondern auch nach unterschiedlichen Wahlsystemen stattfinden. Während bei nationalen Parlamentswahlen das absolute Mehrheitswahlrecht gilt, wird bei Europawahlen nach einem qualifizierten Verhältniswahlrecht gewählt. Dies beeinflußt sowohl die Koalitionsbildung als auch die Mandatszahlen. Die hohe Wahlenthaltung von 60,20% und das bescheidene Abschneiden der Rand- und Protestparteien zeigen, daß die Zeiten vorbei sind, in denen viele Bürger ihre Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien bei EU-Wahlen durch Protestvoten ausdrücken. Inzwischen nehmen gerade Protestwähler gar nicht mehr an ihnen teil. Dies wirkte sich besonders nachteilig für das Modem, den NPA und den FN aus. Bei deren wichtigsten Wählergruppen lag die Wahlenthaltung erheblich über dem nationalen Durchschnitt: bei den Handwerkern, Einzelhändlern und Kleinunternehmern bei 77%, bei den Arbeitern 69%, bei den Angestellten 66%. Bei einer Befragung am Wahltag begründeten nur 20% ihre Wahlenthaltung mit ihrer Unzufriedenheit mit der europäischen Einigung, 31% aber mit ihrer Unzufriedenheit mit den Parteien. 11 Die Fragmentierung des Wahlangebots durch die Vielzahl der Listen führte zu keiner wesentlichen Dispersion der Wählerstimmen. Über 80% der abgegebenen gültigen Stimmen entfielen auf Listen, die auch in der nationalen Politik eine Rolle spielen. Lediglich knapp 10% der gültigen Stimmen wurden für Außenseiter abgegeben. Diese Stimmenverteilung zwischen beiden Parteienkategorien entsprach weitgehend der von 2004. 80 Actuelles Die Stimmenergebnisse der einzelnen Listen unterschieden sich dagegen teilweise beträchtlich von denen der letzten EU-Wahlen und den nationalen Legislativwahlen. Hervorzuheben ist dabei vor allem der spektakuläre Erfolg der Umweltschützer. Ergebnisse der Listen und Parteien bei den Europawahlen 2004 und 2009 sowie den Legislativwahlen 2007 Quelle: Elections européennes de 2004 en France - Wikipédia. Elections législatives françaises de 2007 - Wikipédia. Elections européennes de 2009 en France - Wikipédia, Le Monde. Europa 2009 Parlament 2007 Europa 2004 Listen Stimmen % Mandate Stimmen % Mandate Stimmen % Mandate 1. Wg. 2. Wg. UMP NC 4 799 908 27,88 20 9 10 289 028 616 443 39,54 2,04 98 6 313 17 2 856 368 16,64 17 PS 2 838 160 16,48 14 6 436 136 24,73 1 186 4 960 756 28,9 31 EE Les Verts 2 803 759 16,28 14 845 884 3,25 0 4 1 271 394 7,4 6 Modem UDF 1 455 841 8,46 6 1 981 121 7,61 0 3 2 053 446 11,95 11 FdG PCF 1 041 911 6,05 4 1 115 719 4,29 0 15 900 447 5,25 2(+1) FN 1 091 691 6,34 3 1 116 005 4,29 0 0 1 684 947 9,81 7 NPA LRC & LO 840 833 4,88 0 887 887 3,41 0 0 440 134 2,6 0 Libertas MPF CPNT 826 357 4,80 1 312 587 213 448 1,20 0,82 1 0 1 0 1 145 839 297 273 6,67 01.73 3 0 Alliance Eco. Indépendente 625 375 3,63 0 Alliance Outre-Mers 73 110 0,42 1 109 529 0,6 1 LO 205 975 1,20 0 Andere 311 109 1,81 0 81 Actuelles 7. Parteien und Listen Im Gegensatz zu der weitverbreiteten Tendenz, wonach Regierungsparteien bei Zwischenwahlen abgestraft werden, ging die Liste der regierenden UMP und ihrer Verbündeten als Sieger aus den Wahlen hervor. Mit fast 28% erhielt sie landesweit die meisten Stimmen und mit 29 Sitzen die meisten Mandate. Gegenüber den Europawahlen von 2004 konnten sie 11,36 Prozentpunkte hinzugewinnen, gegenüber den Legislativwahlen von 2007 verloren sie dagegen rund 17%. Die Gewinne gegenüber 2004 waren vor allem eine Folge der positiven Einschätzung der EU- Ratspräsidentschaft Sarkozys sowie seiner gegenwärtigen Krisenstrategie durch seine Anhänger, die Verluste dagegen eine Folge der Unzufriedenheit mit seiner Leistungsbilanz seit seiner Wahl im Mai 2007. Die oppositionelle Sozialistische Partei PS gehörte dagegen zu den großen Verlierern der Wahlen. Mit 16,8% belegte sie zwar den zweiten Platz, verlor mit 12, 15% aber fast die Hälfte ihres Stimmenanteils von 2004 (28,95) und etwa ein Drittel gegenüber 2007. Ihre Mandatszahl schrumpfte von 31 auf 14. Es war das zweitschlechteste Ergebnis bei EU-Wahlen. Wohl die wichtigste Ursache der Niederlage bildeten die innerparteilichen Auseinandersetzungen um die Führung und den Kurs der Partei seit dem Präsidentschaftswahlkampf von 2007. Einen großen Überraschungserfolg erzielte das grüne Wahlbündnis Europe Ecologie unter der Führung von Daniel Cohn-Bendit. Es belegte mit 16,2% knapp hinter den Sozialisten den dritten Platz und erhielte mit 14 Mandaten die gleiche Mandatszahl wie diese. Gegenüber der grünen Liste von 2004 konnte es rund 8,5 Prozentpunkte zulegen und so doppelt so viele Mandate erringen. Die „demokratische Bewegung“ (MoDem) des zentristischen Präsidentschaftskandidaten von 2007, François Bayrou, errang mit 8,4% dagegen nur den vierten Platz und ist nur mit 6 Abgeordneten im Straßburger Parlament vertreten. Gegenüber den Ergebnissen der Vorgängerpartei UDF bei den Europawahlen 2004 (11,96) verlor sie 3,45% und 5 Mandate, gegenüber ihrem eigenem Ergebnis bei den Legislativwahlen 2007 (7,61%) konnte sie jedoch fast 1% zulegen (8,5%). Der angestrebte Durchbruch zur Großpartei ist ihr damit nicht gelungen. Die wichtigste Ursache ihres Mißerfolges dürfte wohl die Fixierung des Wahlkampfes ihres Vorsitzenden Bayrou auf Staatspräsident Sarkozy gewesen sein. Dadurch verwischte sich der Unterschied zu den anderen Oppositionsgruppen, insbesondere den Sozialisten. Die potentielle Wählerschaft der bürgerlichen Mitte steht der Politik des Staatspräsidenten zwar kritisch gegenüber, neigt jedoch mehrheitlich eher der UMP als dem PS zu. Damit vermindern sich die Chancen von Bayrou beträchtlich, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen der wichtigste Gegenkandidat des amtierenden Staatspräsidenten zu werden. Die radikale und extreme Linke gewann mit rund 12% der Stimmen etwa 3% gegenüber 2004 (ca. 9%) hinzu und konnte so ihre Mandatszahl (4 statt 2) verdoppelt. Stärkste Kraft links der Sozialisten wurde der Front de Gauche mit 6,3% und 4 Mandaten. Innerhalb der extremen Linken konnte die ehemalige trotzkistische 82 Actuelles Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) als NPA ihren Stimmenanteil fast verdoppelt (2,56 auf 4,80) und so die Führung übernehmen. Die langjährige Konkurrentin Lutte Ouvrière (LO) kam nur auf 1,2% und hat damit das lagerinterne Duell eindeutig verloren. Auch die Bilanz der extremen Rechten fiel ziemlich mager aus. Im Gegensatz zum Erfolg antieuropäischer Parteien in anderen EU-Ländern verlor der Front national gegenüber den letzten Europawahlen über 3% (6,5 statt 9,81%) sowie gegenüber den letzten Parlamentswahlen 5% und ist nur mit drei statt bisher mit sieben Abgeordneten im EP vertreten, unter ihnen Jean-Marie Le Pen. Die diesjährigen Europawahlen bestätigen den steten Niedergang des FN seit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 2002. Die Partei ist heute gespalten, ihr Spitzenkandidat mit seinen 81 Jahren verbraucht, ein allseitig akzeptierter Nachfolger oder Nachfolgerin nicht in Sicht. Der Versuch des europakritischen Wahlbündnisses Libertas aus MPF und CPNT, vom Niedergang des FN durch Übernahme seiner antieuropäischen Programmatik zu profitieren, mißlang. Mit 4,8% der Stimmen, verlor es gegenüber 2004 gut die Hälfte seiner Wähler (8,84). Trotzdem errang sein Listenführer, Philippe de Villiers, dank seiner regionalen Verankerung ein Mandat. Das Parteiensystem, das bei den EP-Wahlen sichtbar wurde, entspricht in seiner Grundstruktur weitgehend dem nationaler Wahlen. Die wirtschafts- und sozialpolitische Konfliktlinie teilt die relevanten Parteien weiterhin in eine wirtschaftsnahe Rechte und eine sozialstaatliche Linke. Zwischen beiden Hauptlagern konnte sich auch diesmal die Mitte nicht als eigenständige Kraft entfalten, obwohl das Wahlrecht sie begünstigte. Beide Hauptlager sind in der Systemfrage in je einen gemäßigten, staatstragenden und einen radikalen, systemkritischen Pol gespalten. Die europapolitische Konfliktlinie verläuft weitgehend entlang dieser systemischen Spaltung. Sie teilt die Parteien in pro-europäische und in europakritische bzw. antieuropäische Kräfte. Europapolitisch existieren daher zwei parteien- und lagerübergreifende Blöcke. Zwischen der liberal-konservativen Rechten und der sozialdemokratischen Linken besteht ein breiter Grundkonsens über die europäische Zusammenarbeit, der von der extremen Linken und der extremen Rechten nicht geteilt wird. Lediglich das grüne Wahlbündnis Europe Ecologie paßt nicht in diese bipolare Grundstruktur. Es befürwortet zwar grundsätzlich die europäische Zusammenarbeit, ist aber in Anhänger und Gegner der EU-Integration gespalten, wie die Haltung seiner führenden Repräsentanten während des europäischen Verfassungsreferendums von 2005 gezeigt hatte. In allen anderen grundlegenden Fragen der französischen Politik vertreten jedoch die grünen Umweltschützer und ihre Verbündeten linke Positionen. Bei den kommenden Regionalwahlen wollen sie zwar alleine antreten und Wahlbündnisse nur von Fall zu Fall aushandeln, es ist jedoch anzunehmen, daß sie bei den Legislativwahlen 2012 unter dem Zwang des Mehrheitswahlrechts mit den gemäßigten Linksparteien zusammenarbeiten und im Falle des Wahlsieges auch koalieren werden. Die bipolare Grundstruktur des fran- 83 Actuelles zösischen Parteiensystems bliebe daher trotz des spektakulären Erfolges der Umweltschützer bestehen. 8. Schlußfolgerungen und Perspektive Auch in Frankreich läßt sich bei den EU-Wahlen 2009 die allgemeine europäische Tendenz beobachten, in Krisenzeiten den etablierten Kräften mehr zu vertrauen als alternativen Politikentwürfen. Davon profitierte die UMP, zumal sie in Nicolas Sarkozy einen rhetorisch begabten Repräsentanten besitzt, der sich während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2008 und während der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise publikumswirksam in Szene setzte. Außerdem besaß die UMP im bürgerlichen Lager keine ernsthafte Konkurrenz, da sie mit dem Neuen Zentrum NC eine gemeinsame Liste gebildet hatte. Dank ihres guten Abschneidens haben UMP und ihre Verbündeten gute Aussichten, bei den kommenden Regionalwahlen einige der 2004 verlorenen Regionen zurückzugewinnen. Auch die Position Sarkozys wurde gefestigt. Zurzeit ist unter den Oppositionspolitikern niemand in Sicht, der ihm bei den Präsidentschaftswahlen 2012 die Präsidentschaft ernsthaft streitig machen könnte. Die Sozialisten hingegen vermochten mit ihrer Kritik an einem „liberalen Europa“ nur einen Teil ihres Wählerpotentials zu mobilisieren. Teilweise gaben frühere PS- Wähler ihre Stimme dem linken Zentristen (Modem) und den Umweltschützern (Europe Ecologie) oder aber der radikalen Linken. Ferner hat sicherlich die innere Zerrissenheit und Orientierungslosigkeit der PS zu deren Stimmenverlusten beigetragen. Wenn diese wieder zur führenden Kraft der französischen Politik werden will, dann müßte sie ihre aktuelle Führungskrise lösen, ihre Organisationskultur modernisieren und ihre Parteiprogrammatik erneuern. Mehrheits- und damit regierungsfähig wird sie jedoch nur werden, wenn es ihr gelingt, die Zersplitterung des linken Lagers so weit wie möglich zu überwinden. Dies dürfte aber äußerst schwierig sein, da die Pluralität der Linken tief in der politischen Kultur Frankreichs verwurzelt ist. Eine Alternative zur Erneuerung der Linksunion könnte ein Bündnis mit der demokratischen Bewegung, dem Modem bieten. Deren Versuch, sich als dritte Kraft zwischen der Rechten und der Linken zu etablieren, ist erneut gescheitert. Die Aussichten ihres Vorsitzenden, François Bayrou, den amtierenden Staatspräsidenten bei den nächsten Präsidentschaftswahlen auszustechen, haben sich damit weiter verschlechtert. Da eine Rückkehr ins rechte Lager von der Parteibasis mehrheitlich abgelehnt wird, bleibt daher nur das Bündnis mit der PS. Ob ihre Wähler dabei aber mitmachen würden, ist fraglich, denn sie wurzeln überwiegend im bürgerlichen Milieu. Von der strategischen Entscheidung der PS und der weiteren Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftskrise hängen im hohen Maße die Chancen der Linkssozialisten und Kommunisten ab, zu einem ernstzunehmenden Faktor der französischen Politik analog der deutschen Die Linke zu werden. Im Falle eines Mitte- 84 Actuelles Linksbündnisses Modem-PS und einer Verschärfung der Krise könnte ihr Gewicht wachsen, im Falle einer Erneuerung der Linksunion und einer baldigen Überwindung der Krise aber wieder abnehmen. Einen schwer berechenbaren Faktor der französischen Politik bildet das grüne Wahlbündnis Europe Ecologie. Es wird vor allem durch seinen Listenführer Daniel Cohn-Bendit zusammengehalten. Da dieser aber als deutscher Staatsbürger nicht für französische Ämter kandidieren kann und dieses offensichtlich auch nicht will, könnte es bald wieder zerfallen. Übrig bliebe dann vor allem sein Kern, les Verts. Deren Vorsitzende Cecile Duflot besitzt aber bei weitem nicht die gleiche Ausstrahlungs- und Integrationskraft wie Cohn-Bendit. Außerdem müssen sie erneut mit den blauen Umweltschützern (Alliance écologiste indépendante) um „grüne Wähler“ konkurrieren, die diesmal 3,63% der Stimmen erhielten. Es dürfte ihnen daher kaum gelingen, bei nationalen Wahlen die gleichen Ergebnisse zu erzielen wie bei den diesjährigen EU-Wahlen. Wohl aber könnten sie bei den kommenden Regionalwahlen im Frühjahr 2010 in einigen Regionen erfolgreich sein. Die extreme Linke und die extreme Recht haben dagegen trotz der Krise keine Aussicht, eine relevante Rolle in der französischen Politik zu spielen. Mit 6,1% konnten die Trotzkisten und Ex-Trotzkisten zwar ihren Stimmenanteil gegenüber 2004 (2,56%) mehr als verdoppeln, aber sie bleiben marginale Kräfte. Da sie jedoch von den republikanischen Kräften als Dialogpartner akzeptiert werden, können sie diese mit ihren Ideen beeinflussen. Der NPA-Vorsitzende Besançnon tut dies in seinen Medienauftritten mit großem Geschick. Die antieuropäischen Nationalisten des Front national sind dagegen trotz ihrer 6,3% im Parteiensystem völlig isoliert und spielen nur noch auf kommunaler Ebene punktuell eine gewisse Rolle. Ein nationaler Wiederaufstieg scheint unwahrscheinlich, so lange seine wichtigsten Mobilisationsthemen - Einwanderung und öffentliche Sicherheit - erfolgreich von der liberal-konservativen Rechten besetzt werden. Auch die europaskeptischen Nationalkatholiken des Mouvement pour la France haben keine Erfolgsaussichten mehr. Im Gegensatz zu den antieuropäischen Nationalisten des FN werden sie jedoch von den konservativen Kräften des Regierungslagers als Koalitionspartner akzeptiert. Dies könnte sie veranlassen, sich der UMP anzuschließen. Die diesjährigen Europawahlen haben erneut die Fragmentierung des realen französischen Parteiensystems gezeigt. Während bei nationalen Wahlen die UMP und die PS dank der absoluten Mehrheitswahl dominieren und so die Institutionen beherrschen, konnten sich bei den Europawahlen dank der Verhältniswahl auch die Umweltschützer und die linken Zentristen als relevante politische Kräfte profilieren. Allerdings ist es fraglich, ob es ihnen gelingt, ihre derzeitige elektorale Stärke auch bei nationalen Wahlen in parlamentarische Mandate umzusetzen. Unter den Bedingungen der Mehrheitswahl werden sie wohl spätestens im 2. Wahlgang gezwungen sein, Wahlbündnisse einzugehen, wenn sie nicht marginalisiert werden wollen. UMP und PS werden daher weiterhin das institutionelle Parteiensystem beherrschen. 85 Actuelles 1 Résultats des Elections Europénnes 2009. Taux de participation pour la France (%). http: / / www.europarl.europa.eu/ parliament/ archive/ elections 2009/ fr/ hist_turnout_fr_fr.... 0210.2009 2 Cf. Le Monde 29.05.09, 11. Die hohe Zahl der Wahllisten im Vergleich zu den Parteien ergibt sich aus der Einteilung Frankreichs in acht Wahlkreise. Allerdings stellen nicht alle Parteien in allen Wahlkreisen Listen auf. 3 Die drei Abgeordneten des Front national blieben fraktionslos. 4 Bis 2003 bildete Frankreich einen einzigen Wahlkreis. Dies begünstige die nationale Interpretation der Wahlen. Um die Distanz zwischen Kandidaten und Wählern zu verringern und um die regionalen Unterschiede zu berücksichtigen, erfolgte durch eine Wahlgesetzänderung vom Februar 2003 die Unterteilung des gesamten Wahlgebietes zum Zwecke der Stimmabgabe und der Mandatsverteilung in acht Mehrpersonenwahlkreise: sieben im Mutterland - Nordwesten (10 Mandate), Westen (9 Mandate), Osten (9 Mandate) Südosten (13 Mandate), Südwesten (10 Mandate) Zentralmassiv-Zentrum (5 Mandate) Ilede-France (13 Mandate) und einen in den Überseegebieten mit drei Sektionen (3 Mandate). Die Wahlkreise wurden nach geographischen und demographischen Gesichtspunkten gebildet, nicht nach historischen oder rechtlich-administrativen, um sie nicht zu Bausteinen eines künftigen „Europas der Regionen“ werden zu lassen. Cf. Dieter Nohlen: „Wie wählt Europa? Das polymorphe Wahlsystem zum Europäischen Parlament“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 17/ 2004, 29-37, 33. 5 Cf. Dieter Nohlen, ibid., 33. 6 So z.B. die Regionalparteien Eurkal Herriaren Alde, Euskadi Europan, La Voix de la Bretagne en Europe und Pseudoparteien wie z.B. Cannnabis sans frontières, La force de la non-violence oder Union des gens. 7 Elections européennes de 2009 en France - Wikipédia, 22.09.2009 8 Cf. Roland Höhne: „Das französische Parteiensystem“. In: Oskar Niedermayer/ Richard Stöss/ Melanie Haas (eds.): Das Parteiensystem Westeuropas, Wiesbaden 2006, 161- 187. 9 Die EU-Wahlen von 2004 wurden vom Kosovokonflikt überschattet. 10 Union pour un mouvement populaire (UMP), Divers droite (DVD), Nouveau Centre (NC), Mouvement pour la France (MPF) 11 Ferner meinten 22%, sie könnten keine Unterschiede zwischen den Europakonzeptionen der Parteien erkennen. 18% interessierten sich nicht für Europawahlen. Ebenfalls 18% meinten, die EU-Wahlen hätten keinen Einfluß auf die Verhältnisse in Frankreich und 8% gaben an, die europäische Einigung interessiere sie nicht. 20% der Befragten waren ohne Meinung. Cf. Enquête réalisée par TNS Sofres/ Logica am 7.06.09, in: Le Monde, 9.06.09, 10.