eJournals lendemains 39/153

lendemains
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
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2014
39153

“Faire revivre Montaigne”

2014
Wolfgang Adam
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14: 26 91 AArts & Lettres Wolfgang Adam „Faire revivre Montaigne“ Zur Rezeption von Montaignes Journal de voyage im 18. Jahrhundert 1 „Montaigne wieder zum Leben erwecken“ - „faire revivre Montaigne“ - mag beim ersten Hören seltsam, ja fast absurd klingen. Die Essais dieses Autors waren - zumal nach der prächtigen Ausgabe des Pierre Coste von 1724/ 25 2 - von Paris bis Petersburg in den Händen der Gebildeten. Ihr Verfasser wurde unter die bedeutenden Renaissancedichter wie Boccaccio, Petrarca und Shakespeare gezählt. Man kannte und schätzte die Positionen des großen Skeptikers in ethischen, religiösen und politischen Fragen. In ganz Europa wurde Montaigne als einer der weitsichtigen Autoren gewürdigt, welche die Ideen des Siècle des Lumières antizipiert hatten. Und trotzdem ist es richtig, von einem „faire revivre Montaigne“ zu sprechen, wenn man an seinen zweiten, umfangreichen Text, den Journal de voyage denkt, der erst 1770, fast zweihundert Jahre nach seinem Tod, entdeckt und 1774 zum ersten Mal von Anne-Gabriel Meunier de Querlon ediert und kommentiert wurde. 3 Wie reagierte die literarische Öffentlichkeit, die sich inzwischen ein bestimmtes Bild von dem Autor der Essais geformt hatte, auf den Neufund eines bisher unbekannten Tagebuchs einer Reise nach Italien in den Jahren 1580 und 1581? Oder anders gefragt: Was geschah im 18. Jahrhundert bei dem Zusammentreffen des Montaigne-Textes mit dem Erwartungshorizont des Publikums? Die folgende Studie konzentriert sich auf zwei entscheidende Stationen der Rezeption in unterschiedlichen Kommunikationsräumen: auf die Aufnahme der editio princeps in Frankreich und die erste Übersetzung ins Deutsche. Der Beitrag geht in drei Arbeitsschritten vor: 1. Zunächst werden einige Basisinformationen zur spannenden Geschichte der Auffindung des Manuskriptes und seiner Publikation geliefert - zu Ereignissen, die durchaus eine Nähe zum Genre des Kriminalromans zeigen. 2. Bei der Edition von Montaignes Journal de voyage handelt es sich um einen polyphonen Text, in dem sich mehrere Stimmen überlagern: Anne-Gabriel Meunier de Querlon kommentiert das französische Original der Frühen Neuzeit aus der Perspektive eines homme de lettres des 18. Jahrhunderts; bei den Anmerkungen zu den von Montaigne in italienischer Sprache verfassten Partien des Giornale del viaggio unterstützte ihn der aus Padua stammende Giuseppe Bartoli: Eine weitere Stimme - nun aus italienischer Perspektive - kommt hinzu. 3. 1777 - also nur drei Jahre nach dem Erscheinen der editio princeps - liegt eine anonym erschienene Übersetzung ins Deutsche vor. Ihr Verfasser überträgt den Text Montaignes sowie die Kommentare der französischen Erstausgabe. Da 92 AArts & Lettres die Identität des Verfassers - es handelt sich um den reformierten Prediger Johann Heinrich Friedrich Ulrich - bisher nur vermutet, aber nicht eindeutig nachgewiesen war, ist es angebracht, seine Vita und das umfangreiche Œuvre ausführlicher vorzustellen. Ulrich belässt es allerdings nicht bei der reinen Übersetzung, sondern fügt zahlreiche eigene Anmerkungen hinzu, ja greift sogar erweiternd in das Original ein. Eine dritte Stimme neben Querlon und Bartoli macht sich also in der deutschen Version vernehmbar. I Michel de Montaigne hat 1580/ 81 von Bordeaux aus startend die Schweiz, Süddeutschland und Italien besucht. 4 Eines der Hauptmotive für die Reise war das Aufsuchen von Badeorten in Frankreich und Italien, um die Qualen seines Steinleidens durch Heilwasser-Therapien zu mildern. Aus diesem Grund werden zahlreiche Kurorte aufgesucht und über weite Strecken liest sich der Journal wie ein Reiseführer zu den Heilquellen und Gesundbrunnen Europas im 16. Jahrhundert. Natürlich interessieren ihn auch die kulturellen und politischen Zentren seiner Zeit. Wichtige Stationen der Tour sind Basel, Augsburg, Trient, Venedig, Ferrara, Bologna, Mailand, Turin, Lucca und natürlich Rom. Aber auch Loretto, der berühmte Marienwallfahrtsort in der Nähe von Ancona, gehört - zur Verwunderung der Leser im 18. Jahrhundert - zu seinen Lieblingsplätzen, an denen er sich besonders lang aufgehalten hat. Während der Reise hat Montaigne seine Beobachtungen zunächst einem Sekretär bzw. Schreiber diktiert, später hat er sie mit eigener Hand festgehalten. Vom Beginn des Tagebuchs bis zu der Beschreibung des ersten römischen Aufenthalts Mitte Februar 1581 wird von dem Autor Montaigne in der dritten Person gesprochen, danach ist bis zum Ende des Berichts die Ich-Perspektive eingenommen. Montaigne markiert penibel den Übergang in der Schreibsituation, ohne - zum Leidwesen der Forschung - allerdings die Gründe für die Ablösung des offensichtlich akademisch ausgebildeten Sekretärs zu nennen. 5 Einzelne Spuren dieser komplizierten Textgenese - unterschiedliche Erfahrungshorizonte der Artikulationsinstanzen, nicht geglättete Widersprüche in Syntax und Argumentationsführung - sind im Journal de voyage stehen geblieben. Fast ein Drittel des Textes ist in Italienisch geschrieben. Einsetzend mit den Notizen vom 13. Mai 1581 während des ersten Aufenthaltes in Bagni di Lucca bis zur Rückkehr nach Frankreich übt sich der gelehrte Autor in der Sprache Boccaccios, Bembos und Petrarcas - alles Autoren, die er kennt und schätzt. 6 Dieses Manuskript lag bis 1770 vergessen in einer Truhe im Stammschloss der Familie Montaigne. Erst in diesem Jahr stieß der Abbé Joseph Prunis auf die vergessene Handschrift. Prunis suchte für eine Auftragsarbeit, einer Darstellung der Geschichte des Périgord, nach Quellen und Urkunden. Der Abbé lieh sich das Manuskript von dem Grafen Ségur, einem Nachfahren Montaignes, aus, fertigte eine Kopie an und bereitete die Publikation vor. Er wurde bei seinem Vorhaben 93 AArts & Lettres ermuntert von niemand geringerem als d’Alembert, den er über den sensationellen Fund informiert hatte. Eine Anzeige Melchior Grimms in der Correspondance littéraire vom Mai 1772 dokumentiert, mit welch hohen Erwartungen das Erscheinen des neu entdeckten Werks begleitet wurde. Grimm, der den Text nicht kannte, verkündete zuversichtlich: „Quel que soit le mérite de ce journal, c’est toujours un présent extrêmement intéressant“. 7 1774 erscheint auch der Journal, aber zur großen Enttäuschung von Abbé Prunis nicht unter seiner Herausgeberschaft. Aus nie ganz geklärten Gründen hat ihm der Comte de Ségur das Vertrauen und das Manuskript entzogen und die Edition in die Hände des in literarischen Dingen wesentlich erfahreneren Meunier de Querlon gelegt. Querlon hatte sich als Beiträger in angesehenen Periodika, als Autor von Romanen und historischen Werken sowie als Herausgeber der Œuvres von Lukrez und Anakreon bereits einen Namen erworben. Abbé Prunis fühlte sich um den Lohn seiner Arbeit betrogen und wandte sich mit der Bitte um Unterstützung ausgerechnet an Querlon. Von ihm, dem neuen Herausgeber, erhielt er die verletzende Antwort: „Soyez tranquille, mon ami, c’est moi qui ferai revivre Montaigne.“ 8 Dem mit der literarischen Szene vertrauten Meunier de Querlon gelingt es, mit Jean Capperonnier, dem Garde de la Bibliothèque du Roi, und Giuseppe Bartoli, dem assoziierten Mitglied der Académie des inscriptions et des belles Lettres, zwei ausgewiesene Philologen für die Mitarbeit an der Edition zu gewinnen. Der Handschriftenexperte Capperonnier stellte fest, dass das Manuskript in wesentlichen Teilen von der Hand Montaignes stammt - eine Verifizierung, die umso wichtiger ist, da kurze Zeit nach dieser Prüfung das Original verschwunden ist und bis auf den heutigen Tag nicht wiedergefunden wurde. Der native speaker Bartoli übernahm die Transkription und Kommentierung der in Italienisch geschriebenen Passagen. Nach zweijähriger Bearbeitungszeit erschien im Frühjahr 1774 der Journal de voyage. Meunier de Querlon fügte der Erstedition eine ausführliche Vorrede hinzu, einen mehr als 100 Seiten umfassenden Discours préliminaire, der aus seiner Perspektive die Entdeckungsgeschichte darstellt und den Anteil des Abbé nicht angemessen würdigt. Insgesamt enthält der Discours viele instruktive Informationen und zusammen mit dem fortlaufenden Kommentar, der durch die drei Volumen hindurch Seite für Seite den frühneuzeitlichen Text wie ein Band begleitet, hat er bewusst kalkuliert leserlenkende Funktion. II Man kann, wie dies die neuere literaturwissenschaftliche Forschung getan hat, einen Kommentar durchaus als einen eigenen kreativen Akt betrachten. 9 Der Kommentator schreibt durch die Notate seine Sicht der Dinge in einen Text ein. Der 94 AArts & Lettres Reiz - und das Risiko - dieses Unternehmens steigt durch die zeitliche und mental-ideologische Distanz, die zwischen Originaltext und Kommentar liegt. Am Beispiel von Meunier de Querlons Anmerkungen lässt sich das kreative Potential eines Kommentars höchst anschaulich dokumentieren. Es sind drei Stufen des Kommentars zu unterscheiden: Eine erste sprachliche Ebene, auf der Querlon und im italienischen Teil Bartoli veraltete Wörter und unüblich gewordene Wendungen für den Leser des 18. Jahrhunderts erklären. So benutzt zum Beispiel Montaigne die Vokabel „garce“ („femme méchante, désagréable“ nach der vornehmen Erläuterung im Petit Robert) noch völlig wertfrei, und dies veranlasst Querlon zu der Bemerkung: „On nommoit autrefois ainsi les jeunes filles, sans y attacher rien d’injurieux.“ 10 Naturgemäß steigt die Häufigkeit der Worterklärungen im italienisch geschriebenen Teil. Über die Sprachkompetenz Montaignes im Italienischen läuft seit Jahrzehnten eine mit Verve geführte Kontroverse. Während die ältere Forschung - Louis Lautrey und Charles Dédéyan 11 - von einem ungeübten, sehr fehlerhaften Gebrauch der fremden Sprache spricht, hat vor allem die Montaigne-Spezialistin Fausta Garavini mit Entschiedenheit und gewichtigen Argumenten dafür plädiert, Montaignes Italienisch aus der Perspektive der Zeit zu beurteilen und sie kommt dabei zu einer überraschenden Wertschätzung. Garavini zählt den Gascogner unter die großen in der lingua volgare schreibenden Autoren der Renaissance. 12 Bartolis Anmerkungen bieten zu diesem Streitpunkt ein uneinheitliches Bild. Auf der einen Seite muss der Kommentator recht häufig erklären, was der Autor Montaigne eigentlich in Italienisch sagen wollte. Immer wieder finden sich Präzisierungen, eingeleitet mit den Worten „vuol significare“, „forse voleva scrivere“. 13 Auf der anderen Seite aber ist bei Montaigne eine gewisse Gewandtheit im Erfinden neuer Wörter oder Wortformen nicht zu übersehen. Zahlreiche Belege dokumentieren seinen im Grunde ‚gelehrten Umgang‘ mit dem Italienischen: Ein mit Latein und romanischen Dialekten vertrauter Philologe bewegt sich tastend und experimentierend in einer modernen Sprache. Ohne Zweifel haben die Worterklärungen und Aufschlüsselungen das Verständnis dieses im 18. Jahrhundert schon antiquiert wirkenden Textes erleichtert. Bemerkenswert unter philologischen und wissenschaftsgeschichtlichen Aspekten sind die Erläuterungen auf der zweiten, der textkritischen Ebene des Kommentars. Querlons Angaben zum Zustand der Handschrift und zu der Textgeschichte entsprechen den Standards, die wir heute an eine Studienausgabe stellen würden. Penibel markiert der Editor Lücken im Manuskript und notiert handschriftliche Zusätze Montaignes. Die recht zahlreichen Randbemerkungen „de la propre main de Montaigne“ 14 zeugen von einer intensiven Beschäftigung des Autors nach Abschluss der Reise mit den in Italien empfangenen Eindrücken. In Anbetracht des Verlusts der Originalhandschrift kommt den von Querlon festgehaltenen eigenhändigen Eintragungen herausragende Bedeutung zu. Ein weiterer Gesichtspunkt ist auf dieser Ebene bemerkenswert: Querlon greift besonders häufig und erkenntniserhellend mit seinen Kommentaren bei dem 95 AArts & Lettres Wechsel der Sprecherrollen zwischen Sekretär/ Autor ein - eine Besonderheit des Textes, welche die Montaigne-Philologie vor große Probleme stellt. Der erste Herausgeber hat mit seinen erwägenswerten Beobachtungen bis heute die wissenschaftliche Diskussion mit geprägt. Dies gilt für die epochale Edition von Louis Lautrey ebenso wie für Fausta Garavinis Textausgabe bei Gallimard von 1983; die italienische Forscherin versucht hier, den Sekretär als gleichrangige Stimme neben der Montaignes zu etablieren. 15 Und selbst die aktuellste Ausgabe von François Rigolot verdankt vieles den annotationes Querlons. Die editio princeps ist ein erstrangiges Dokument der Philologiegeschichte. Noch aufschlussreicher sind die Erläuterungen Querlons auf der dritten Ebene, der Stufe des Sachkommentars, die aus der Sicht eines aufgeklärten Intellektuellen des 18. Jahrhunderts gegeben werden. Spannend ist die Registration der Veränderungen, die im Laufe der Zeit an historischen Schauplätzen eingetreten sind, aber auch in den Sitten und Bräuchen der Bewohner: „Les choses ont bien changé“ 16 - mit dieser passenden Formulierung ruft Querlon sich und den Lesern des 18. Jahrhunderts den gewaltigen Zeitabschnitt in Erinnerung, der zwischen der Niederschrift des Textes und seiner Publikation liegt. Die Skala der Kommentierung reicht dabei von der einfachen Erklärung zu Realien über Zitatnachweise und Übersetzungen bis zum Gespräch mit dem Leser, der in die Reflexionen des Herausgebers mit einbezogen wird. Die Erläuterung von Eigennamen - geographischen Bezeichnungen, botanischen Termini und Informationen zu historischen Persönlichkeiten - gehört zu der ersten und wichtigsten Aufgabe eines Sachkommentars. In seinem Anmerkungsapparat erfüllt Querlon diese Herausgeber-Pflicht in Perfektion, ja er bietet mehr: Bei seinen Erläuterungen zu berühmten Städten und Höfen wie Padua oder Ferrara fügt er hinzu, welche Dichter und Gelehrte hier wirkten. Die Anmerkungen weiten sich manchmal fast zu einem Lemma in einem virtuellen Handbuch der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit aus. Montaignes Reisetagebuch liest sich schon im Original durch die Anspielungen auf berühmte Poeten wie Boccaccio oder Ariost über weite Strecken wie ein literarischer Führer durch das Italien des Cinquecento - eine Tendenz, die durch die Kommentare Meunier de Querlons noch intensiviert wird. Ein Beispiel: Montaigne berichtet, dass seine Reisegesellschaft bei Levanello auf einer schönen Steinbrücke den Fluss Ambra überschritten habe. 17 Der Name „Ambra“ besitzt in der Topographie der europäischen Renaissance-Dichtung eine geradezu auratische Wirkung. Man nannte so die Villa Poggio a Caiano des Lorenzo de’ Medici; die Bezeichnung ist abgeleitet von dem gleichnamigen Flüsschen und der Insel, auf der das Gebäude liegt. Der Kenner der neulateinischen Poesie assoziiert mit diesem geographischen Ort sogleich den Titel der berühmten Silva Angelo Polizianos, der Eloge auf Homer. Im Kommentar zu Montaignes Passage wird zu „Ambra“ notiert: „Petite rivière célebrée par Politien, dans son beau Poeme sur Homère, qui a pour titre, Ambra.“ 18 Mit Erläuterungen aus zeitgenössischen Reiseführern, vor allem aus Lalandes Voyage d’un François en Italie und Abbé Richards Description historique et cri- 96 AArts & Lettres tique de l’Italie, führt Querlon in den Anmerkungen gleichsam Montaignes Reisebericht auf die Höhe seiner Zeit. 19 So zeigt z. B. bei der Erwähnung von Turin - ein Ort, den Montaigne als „Piccola Città in un sito [ ] non molto bene edificato“ 20 wahrgenommen hat - die ausführliche Erläuterung dem Leser des 18. Jahrhunderts, welchen wirtschaftlichen Aufschwung die Stadt dank der besonnenen Regentschaft der Herrscher aus dem Hause Savoyen genommen hat. Die Anmerkungen Querlons und Bartolis werden unvermittelt zu einer Eloge auf den aufgeklärten Absolutismus, den die piemontesischen Regenten in vorbildlicher Weise verkörpern. 21 Von diesen kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Aktualisierungen geht eine besondere Faszination der editio princeps des Journal de voyage aus. Querlon tut alles, um den Lesern den Zugang zu diesem Text zu erleichtern. Trotz dieser Konzentration von Kompetenz und philologischer Sorgfalt, welche bei der Publikation des Werks von Montaigne vereint waren, bildete das Erscheinen des Journal de voyage eine einzige Enttäuschung, die sich wieder in einer Anzeige in der Correspondance littéraire niedergeschlagen hat: „Ces voyages ne sont qu’un itinéraire sec et froid“ 22 - mit diesem Satz resümiert der Rezensent seinen Leseeindruck. Die Gründe für dieses Missverständnis liegen auf mehreren Ebenen. Zunächst haben die schnell niedergeschriebenen privaten Notizen, welche der Autor nicht veröffentlichen wollte, nur wenig von der geschätzten stilistischen Eleganz der Essais, und überdies ermüdete die ständige Beschreibung der Heilquellen und deren purgierender Wirkung. Montaigne selbst hat dies ironisch mit der Bemerkung kommentiert: „Cette une sotte coustume de compter ce qu’on pisse.“ 23 Tiefgehender als diese Ablehnung aus ästhetischen Gründen war das Faktum, dass das Bild, das sich bei den Lesern der Essais von Montaigne als einem Vorläufer der Ideen des siècle des Lumières verfestigt hatte, durch den Reisebericht nicht bestätigt, sondern sogar desavouiert wurde. Es waren vor allem zwei Passagen in dem Journal de voyage, welche die „vision encyclopédique“ 24 eines Prototypen der Aufklärung entscheidend störten: Der Besuch bei Papst Gregor XIII. und die Wallfahrt nach Loretto. Die detaillierte und undistanzierte Beschreibung des Verlaufs der Papstaudienz einschließlich der Proskynese stieß auf völliges Unverständnis bei dem mit dem höfisch-sakralen Zeremoniell der Frühen Neuzeit nicht mehr vertrauten Publikum des 18. Jahrhunderts. Montaigne zeichnet von Gregor XIII. ein von Sympathie getragenes Porträt und erwähnt nicht ohne Stolz, dass der Papst bei seinem Devotionsakt den Küssenden durch eine leichte Anhebung der Fußspitze geehrt habe. Ebenfalls nicht dem Erwartungshorizont der Essais-Leser entsprach das Verhalten des Pilgers Montaigne in der Chiesa di Santa Maria di Loretto. Louis Lautrey, der erste Editor der historisch-kritischen Ausgabe des Journal de voyage, notiert zu Recht: „ [ Nos philosophes ] étaient choqués de ce pélerinage de Montaigne à Lorette.“ 25 Dabei war von Anfang an der Besuch in dem Wallfahrtsort geplant und Montaigne hielt sich außergewöhnlich lange in Loretto auf; dementsprechend ausführlich ist die Beschreibung der Visite im Journal de voyage. Hier 97 AArts & Lettres in Loretto stiftet er ein ex voto, das ihn zusammen mit seiner Familie betend vor einem Marienbild darstellte. Montaigne, der große Skeptiker der Frühen Neuzeit, à genoux vor der Mutter Gottes: Dies war in der Tat eine Dimension in der Persönlichkeit Montaignes, die man nicht vermutet hatte. 26 Zu einer weiteren Verstörung bei den Lesern des 18. Jahrhunderts hat Montaignes Bericht über eine gelungene Wunderheilung in Loretto geführt. Der Autor, der in seinen Essais sehr skeptisch über das Phänomen der religiösen Mirakel schreibt, 27 gibt im Reisetagebuch unkritisch einen Bericht über die wundersame Heilung eines jungen Adligen wieder, dem keiner der berühmten Ärzte in Paris oder in Italien hat helfen können. Süffisant bemerkt Meunier de Querlon in seinem Kommentar, gleichsam Öl ins Feuer gießend: „Voilà, Montaigne qui croit aux miracles! “ 28 Man hat manchmal fast den Eindruck, dass der Editor mit seinen Anmerkungen die Verehrer des Essais-Autors geradezu provozieren will. Der Kreis um Diderot und Grimm reagierte empört auf diese Versuche Querlons, Montaigne als devoten Anhänger der alten Kirche zu zeichnen und ihm die von vielen bewunderte Haltung eines freien und toleranten Geistes abzusprechen. Entrüstet weisen mehrere Rezensenten z. B. im Mercure de France oder in der Correspondance littéraire Querlons parteiische Kommentare als unerträgliche Platitüden eines Journalisten zurück. 29 Im Umfeld der die öffentliche Debatte prägenden und meinungsführenden ‚philosophes‘ jedenfalls fand die Edition keine Zustimmung, sondern stieß im Gegenteil auf harsche Zurückweisung. Zusammenfassend kann man sagen, dass Meunier de Querlons Ausgabe von Montaignes Journal de voyage nicht ihre Leser erreicht hat. Der Text trat mit einer zu großen Verspätung an eine gänzlich veränderte literarische Öffentlichkeit. Insgesamt überwog der Eindruck des Abgeschmackten und Langweiligen - und vor allem interessierten nicht mehr die religiösen Kontroversen der Frühen Neuzeit, die Montaigne noch in elementarer Weise beschäftigt, ja umgetrieben haben. Querlons hämische Kommentare taten noch ein übriges. Bekanntlich hat sich Montaigne in den deutschsprachigen Gebieten mit Vertretern aller protestantischen Glaubensrichtungen, den Anhängern Zwinglis, Calvins und Luthers, ausführlich unterhalten. Es ist bezeichnend für die Montaigne-Rezeption in Deutschland, dass der Übersetzer des Journal de voyage sich insbesondere für den Bericht eines Augenzeugen über die konfessionellen Verhältnisse im Alten Reich während des reformatorischen Umbruchs interessiert - ein Faktum, das auch mit seiner Sozialisation und seinem Beruf als protestantischer Theologe zusammenhing. Der Blick richtet sich nun auf die Rezeption im deutschsprachigen Kommunikationsraum. III Wer war dieser Johann Heinrich Friedrich Ulrich, dessen Namen in der französisierten Form „Jean-Henri Frédéric Ulrich“ der große Montaigne-Kenner Jean- 98 AArts & Lettres François Payen in sein Handexemplar von Michael von Montagne Reisen durch die Schweiz, Deutschland und Italien eingetragen hat, das sich heute in Paris im Fonds Payen der BnF befindet? 30 Nach dem Artikel in Carlo Deninas so hilfreichem biographischen Handbuch La Prusse littéraire handelt es sich bei Ulrich um einen 1751 in Halle geborenen „prédicateur de la réligion reformée à Berlin“. 31 Ulrich studierte in seiner Heimatstadt Theologie, er war anschließend reformierter Prediger am Invalidenkorps zu Berlin und wirkte später als zweiter reformierter Prediger bei der Friedrichswerder und Neustädtischen Kirche ebenfalls in Berlin. Beide Gotteshäuser wurden als Simultankirchen genutzt, in denen die deutschen protestantischen Gemeinschaften, die lutherische und die reformierte, sowie die französisch reformierte Gemeinde Gottesdienste durchführten. Qua seines Amtes als reformierter Prediger kam Ulrich also in Kontakt mit der seit dem Edikt von Potsdam 1685 unter wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten bedeutenden französischen Kolonie, zu der er im Laufe seiner Tätigkeit auch freundschaftliche Verbindungen aufgebaut hat. Innerhalb der kirchlichen und kulturellen Szene Berlins nahm Ulrich eine exponierte Rolle ein. So hielt er 1786 in seiner Funktion als Theologe an der Friedrichswerderschen Kirche die Trauer-Predigt zum Gedächtniß des Hintritts Fridrichs des Zweiten. 32 Gestorben ist Ulrich am 23. April 1798. Bei seinem literarischen Œuvre, das über zwanzig mehrbändige Werke - meist Übersetzungen und Kompilationen - umfasst, lassen sich vier große thematische Schwerpunkte erkennen: Es handelt sich um theologisch-philosophische Schriften, um Reise- und Länderbeschreibungen, moralische Wochenschriften und lexikalische Sammelwerke, wie die 1779-1780 erschienene Moralische Enzyklopädie. 33 Ulrich wirkte in einem von der französischen Kultur und Sprache beeinflussten Milieu. Die Ausrichtung an dem im Preußen Friedrichs des Großen gepflegten Gallotropismus, der Orientierung am französischen Zivilisationsmodell, 34 zeigt sich neben der Übertragung von Montaignes Reisebeschreibung auch in dem literarischen Transfer mehrerer in Französisch verfasster Werke. Er übersetzte einige von Leibniz französisch geschriebene Texte, er legte in Deutsch Alexandre Deleyres Monographie zu Leben und Werk Francis Bacons vor und übertrug Malebranches De la recherche de la vérité. 35 Die Beschäftigung mit Bacon, Leibniz und Malebranche, die alle drei als Vorläufer beziehungsweise als Vertreter der europäischen Aufklärung zu betrachten sind, zeigt, dass die Begegnung mit Montaigne nicht zufällig ist, dessen neu entdecktes Werk er ab 1777 in Deutsch vorlegt, ohne sich als Übersetzer auf dem Titelblatt zu nennen. Gelehrtenlexika des 18. und 19. Jahrhunderts sowie Kataloge bedeutender europäischer Bibliotheken nannten bisweilen den Namen Ulrichs als Übersetzer des Journal de voyage, ohne allerdings den präzisen Nachweis dafür liefern zu können. Noch in der von Albert Thibaudet und Maurice Rat besorgten Pléiade- Ausgabe der Werke Montaignes ist der Name des deutschen Übersetzers Frédéric 99 AArts & Lettres Ulrich mit einem Fragezeichen versehen. 36 Die Analyse der beiden der Übersetzung vorgeschalteten Dedikationen gestattet es, dieses Fragezeichen aufzuheben. Der erste Band ist dem berühmten Historiker und Diplomaten Christian Wilhelm von Dohm (1751-1820) zugedacht. Von Dohm ist bekannt durch sein engagiertes, im Geiste der Aufklärung formuliertes Eintreten für die Emanzipation der Juden in der Streitschrift Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. Die Widmung an von Dohm wendet sich an den „Wohlgebohrnen Professor und Verehrungswürdigen Freund“, mit dem sich im Berlin der späten siebziger Jahre Ulrichs Lebenskurve gekreuzt hatte. Sie zürnen doch nicht, daß ich dieser Uebersetzung Ihren Namen vorsetze? - Die Ehre, Sie zur Zeit unseres gemeinschaftlichen Aufenthaltes in Berlin gekannt, und mit Ihnen einige heitre Stunden zugebracht zu haben, mag mich darüber rechtfertigen. Freilich waren es nur wenige Tage, in denen mir vor drey Jahren an diesem unvergleichlichen Ort Ihr Umgang gegönnet ward. Ihr Schicksal rufte Sie damals gerade von da weg. 37 1774, drei Jahre vor dem Erscheinen der Übersetzung, hielt sich Christian von Dohm in Berlin auf. Anfang 1773 hatte er die Stelle eines Pagenhofmeisters bei Prinz Ferdinand von Preußen, dem Bruder Friedrichs des Großen, angenommen. Nach dem Quittieren der Hofmeister-Stellung, die nicht ganz seinen Erwartungen entsprochen hatte, lebte er noch bis Mai 1774 in Berlin und in dieser kurzen Zeitspanne ist er dem damals als Prediger an der Charité und bei dem Invalidenkorps tätigen Ulrich begegnet. 1774 verließ von Dohm dann Berlin und führte an der Universität Göttingen sein juristisches Studium weiter. Auf diesen Abschied spielt Ulrich mit „Ruf des Schicksals“ an. Bereits im September 1776 wurde von Dohm zum Professor der Ökonomie, Finanzwissenschaft und Statistik am Collegium Carolinum in Kassel ernannt, daher die Anrede als „Wohlgebohrner Herr Professor“! Der zweite, 1779 erschienene Band der Montaigne-Übersetzung ist Johann Friedrich Poppe (1753-1843), dem königlichen Kandidaten am Dom in Berlin, gewidmet, der als „alter, lieber Freund“ angesprochen wird. Poppe wurde später Professor für Geschichte und Erdbeschreibung am Königl. Joachimsthalischen Gymnasium. 38 Zum Zeitpunkt der Dedikation war Poppe Königlicher Dom-Kandidat, d. h. er genoss ein königliches Stipendium für Theologieabsolventen, das auf Aufgaben innerhalb der reformierten Kirche oder im preußischen Bildungswesen vorbereitete. Diese angesehene Förderstelle hatte Poppe nach dem Eintrag im Gelehrten Berlin von 1777 bis 1780 inne. 39 Die Karriere-Stationen beider Widmungsempfänger stimmen also vollständig mit Ulrichs Angaben überein. Poppe und Ulrich standen beide in engem Kontakt mit den französisch-reformierten Kreisen in Berlin. Weitere indirekte Indizien wie Selbstzitate in anderen Werken aus der eigenen Montaigne-Übersetzung sichern die Autorschaft Ulrichs ab. Als Vorlage verwendet Ulrich die Edition Meunier de Querlons von 1774. Ulrich übersetzt in der Regel die Kommentare des Erstherausgebers, er gestattet sich aber auch, die Anmerkungen zu kürzen, wenn deren Inhalt - Details zur regiona- 100 AArts & Lettres len Geschichte oder zu in Deutschland weitgehend unbekannten Adelsgeschlechtern - nur für französische Leser interessant sind. Umgekehrt nimmt er für sich das Recht in Anspruch, die annotationes mit für sein deutsches Publikum interessanten Bemerkungen zu erweitern. Querlon muss seinen Lesern nicht erklären, wo die Landschaft des Périgord liegt - Ulrich schon. In der Übersetzung von Montaignes Text selbst gibt es viele und auch haarsträubende Fehler. Jean-François Payen hat in seinem Exemplar mit dicken Federstrichen die zahlreichen Versehen markiert. Ulrich verwechselt z. B. in seinem Bericht über die Gasthäuser in Augsburg „les vitres“ - die Fensterscheiben - mit „les verres à boire“ - den Trinkgläsern. 40 An anderer Stelle, bei der Beschreibung eines protestantischen Gottesdienstes ist ihm die unterschiedliche Bedeutung von „chaire“ und „chaise“ nicht vertraut. 41 In einem eingelegten, auf den 15. 2. 1848 datierten Notizzettel spricht Payen empört von einer abscheulichen Parodie („hideuse parodie“), einer Verhunzung des Originals. Am meisten ärgert den Montaigne-Liebhaber, der die Texte des Essais-Autors fast wie heilige Schriften behandelt, die Frechheit („l’audace“) Ulrichs, Ergänzungen in den Text einzufügen. 42 Diese ‚Freiheit‘ nimmt sich der Deutsche in der Tat. Ein unübersehbares Signal, wie eigenwillig Ulrich seine Aufgabe als Übersetzer versteht, befindet sich bereits auf dem Titelblatt: Michael von Montagnes Reisen durch die Schweiz, Deutschland und Italien. In den Jahren 1580-1581. Aus dem Französischen. Mit Zusätzen. Durch die Formulierung „Mit Zusätzen“ gibt Ulrich dem deutschen Leser einen ersten Hinweis auf sein Vorgehen bei der Übersetzung. Der Originaltext wird nicht nur übertragen, er wird auch durch Hinzufügungen erweitert. Was dies konkret bedeutet, führt Ulrich in der „Vorrede des Uebersetzers“ aus: Was meine Arbeit anbetrift, so habe ich vielleicht mehr gethan, als übersetzt. Ich habe hie und da Anmerkungen zugefügt, oder auch wohl selbst, meine Gedanken in den Text hereingeschoben. Kenner werden schon wissen, was Montagnen gehört - und den andern Lesern kann es gleichgültig seyn, ob sie diesem oder jenem eine Wahrheit zu verdanken haben. Hätte ich die Schriftsteller, deren ich mich bedient habe, beständig wollen anführen, so würden der Namen Keißler, Addison, Volkmann u.s.w. beständig paradirt haben. 43 Der Verfasser gibt nicht ohne Stolz zu verstehen, dass er mehr als eine Übersetzung mit Kommentar vorgelegt habe. Er hat sich nicht mit dem Hinzufügen von Wort- und Sacherklärungen in den Anmerkungen begnügt, wie es von dem seriösen Herausgeber eines historischen und überdies aus einer fremden Sprache übertragenen Textes erwartet werden kann, er hat eigene Reflexionen in das Original eingefügt. Ulrich zeigt sich als ein selbstbewusster Autor, der offensiv seine Entscheidung begründet. Die Leser, die den unverwechselbaren Stil Montaignes aufgrund der Essais-Lektüre schätzen, werden ohne Mühe die Einschübe des deutschen Über- 101 AArts & Lettres setzers erkennen, für die anderen Benutzer, stellt der Autor recht arrogant fest, ist es irrelevant, wer ihnen die Wahrheit sagt, Montaigne oder Ulrich. Es bleibt festzuhalten, dass diese Ergänzungen ohne Markierung in Montaignes Text vorgenommen werden und sich nicht auf Erläuterungen im Kommentar Querlons beschränken. Dieses Verfahren der Texterweiterung wendet Ulrich vor allem bei der Beschreibung italienischer Städte und antiker sowie Renaissance- Kunstwerke an. Als Quellen benutzt er die drei damals bekanntesten Reiseführer: den schon etwas mit Patina besetzten Addison, den bewährten Keyßler und den erst wenige Jahre zuvor erschienenen Volkmann, der zu dem Reisehandbuch deutscher Italienreisender des 18. Jahrhunderts geworden ist. 44 Die Eingriffe gehen so weit, dass Ulrich bei der Erwähnung von Renaissance- Bauwerken, die Montaigne im Stadium der Entstehung gesehen hat, die Beschreibung bis auf seine eigene Gegenwart fortführt. So bemerkt er zur Erwähnung im Journal de voyage der Peterskirche in Rom, deren Ausbau 1580/ 81 noch nicht abgeschlossen gewesen ist und die von Montaigne als „nouvelle eglise“ bezeichnet wird: „Weiter war die Kirche zu Montagnes Zeiten nicht fertig, mehr konnte er also auch nicht erzählen. Ich werde also in der Geschichte dieser Kirche dort fortfahren, wo er aufgehört hat.“ 45 Was dann folgt, ist eine seitenlange Deskription der Peterskirche, die sich an zeitgenössischen Reiseführern, und dabei vor allem an Volkmanns Historisch-Kritischen Nachrichten von Italien orientiert und die nichts mehr mit dem französischen Original verbindet. Durch solche eingeschalteten Textauszüge verändert sich das Profil des Werks entscheidend. Insbesondere in den Italien betreffenden Partien mutiert die Übersetzung zu einem Mischtext, in dem sich Passagen des Originals mit Auszügen aus Reiseführern und Einschüben Ulrichs verschränken. Ein Verfahren, das unter philologischen Gesichtspunkten eigentlich inakzeptabel ist, wird unter kulturhistorischen Aspekten zu einer höchst aufschlussreichen Erweiterung, denn gerade in diesen Kommentaren sind private Ansichten und Positionsbestimmungen eingeschrieben. Es lohnt sich, diese dritte, deutsche Stimme zu dem französisch-italienischen Renaissance-Text eingehender zu betrachten. Basis für Ulrichs Arbeit als Übersetzer ist die Bewunderung der außergewöhnlichen Persönlichkeit Montaignes. In einer seiner Anmerkungen gibt er eine zutreffende Charakteristik des Autors, die vor allem dessen besondere Form des Reisens hervorhebt: Montagne war ein Mann von einer ganz besonderen Gemüthsart. Was andere Reisende sich zum Hauptzweck machen, war ihm nur ein Nebending. Er reisete mehr um Menschen und ihre Oeconomie kennen zu lernen, als ihre Palläste zu besehen. 46 Ulrich benennt hier präzise die Hauptmotivation des Reisenden Montaigne: Es ist die Neugierde auf die Menschen und deren jeweilige Lebenseinrichtungen, die diesen bewegen, die Mühen einer beschwerlichen Reise auf sich zu nehmen. Das anthropologische Interesse überwiegt bei weitem die curiositas, wie man in der Frühen Neuzeit das ‚touristische Interesse‘ umschreiben würde. Die Besichti- 102 AArts & Lettres gung von Sehenswürdigkeiten - bei der großen Mehrzahl der Italien-Besucher der erste Beweggrund - wird nur mitgenommen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Diese Priorisierung unterscheidet Montaigne von anderen Reisenden, wie Ulrich in der Fortsetzung der Anmerkung festhält, die unvermutet zu einem Autorporträt geworden ist. Als Kontrastfigur zu Montaigne wird nun der Typ des normalen Reisenden beschrieben, den in erster Linie die mirabilia eines Ortes, zum Beispiel die berühmten Reliquien in Rom oder Loretto, anziehen und der kein Auge für die Sitten und Lebensformen der Bewohner in den besuchten Regionen hat. Zu den charakteristischen Merkmalen des Journal de voyage, die ihn exponieren in der Masse der frühneuzeitlichen Reiseberichte, gehört das ausgeprägte Interesse Montaignes für Einrichtungen des Alltags - der vie quotidienne - in den ausländischen Städten. Montaigne registriert penibel das Brauchtum der Bewohner bis in ihre Ess-, Wohn- und Schlafgewohnheiten. In jeder deutschsprachigen Stadt interessiert er sich für die religiöse Ausrichtung des Gemeinwesens, er registriert aufmerksam, ob die Bürger dem alten Glauben treu geblieben sind oder welcher der protestantischen Richtungen sie sich angeschlossen haben. Der Gast aus Frankreich, der aus einem Land kommt, das von grauenvollen Religionskriegen zerrissen ist - es sind gerade acht Jahre seit der Bartholomäusnacht vergangen - wundert sich über das geregelte, zwar nicht konfliktfreie, aber doch friedliche Zusammenleben der unterschiedlichen Konfessionen in den deutschen Städten. Montaigne geht erstaunlicherweise weder in den Essais noch im Journal de voyage 47 auf die „Pariser Bluthochzeit“, 48 wie Goethe das Ereignis in seinem Montaigne-Porträt nennt, ein. Dabei hätte im Reisebericht bei dem Besuch des calvinistischen Juristen François Hotman in Basel - der Gelehrte entkam nur mit Hilfe seiner Studenten dem Gemetzel - durchaus die Möglichkeit bestanden, diese „boucherie“ 49 zu erwähnen. Allein im Kommentar Querlons wird an das Massaker erinnert. Noch für die heutigen Religions- und Kulturhistoriker sind diese Passagen von hohem Quellenwert für die Lebenseinrichtung in den deutschen Städten zwischen Reformation und Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Die Kommentare des reformierten Predigers Ulrich sind bei dem Thema der Religion kompetenter und präziser als die Erklärungen des französischen Herausgebers Meunier de Querlon, der sich - im Gegensatz zu Montaigne - nicht mehr für religiöse Fragen erwärmen kann und theologische Debatten wie den reformatorischen Streit um die Ubiquitätslehre respektlos als „galamathias“ 50 abtut. Das Feld der praktischen Lebensordnung bietet für Ulrich nicht selten den Ansatzpunkt für Kommentare, die er aus seiner - deutschen - Perspektive des Experten für Land und Leute gibt. Ulrich ist ein versierter Autor, der nach dem Vorbild der Moralischen Wochenschriften das Gespräch mit seinen Lesern sucht. Häufig wendet er sich mit persönlichen Bemerkungen oder Lektüreempfehlungen an sein Publikum. In diese Konversation bezieht er auch den Autor des französischen Originals ein, bisweilen wird Montaigne in spielerischer Weise direkt angesprochen - in der Form: „Guter Michel Montagne“ 51 , wie haben sich seit deiner Reise die Dinge verändert! 103 AArts & Lettres Diesen zwischen launig und seriös oszillierenden Plauderton behält Ulrich in der ganzen Übersetzung und in seinen Anmerkungen bei. Es ist ein heiteres Spiel, zu dem der Übersetzer seine Leser einlädt. Apart der Einfall, sich Montaigne als Reisenden des 18. Jahrhunderts vorzustellen und dessen Reaktion auf die inzwischen eingetretenen Veränderungen festzuhalten. Nach Ulrich hätte inzwischen der Besucher von Florenz keinen Grund mehr, über die Straßenpflasterung der Stadt zu klagen, die seit 1581 entscheidend verbessert worden ist. Als sich Montaigne in Basel darüber wundert, dass die offensichtlich an die Unbilden des Wetters gewohnten Bewohner auch nachts bei offenen Fenstern schlafen, wendet sich Ulrich im virtuellen Dialog direkt an den Autor des Textes, den er übersetzt, und erklärt ihm die Veränderungen, die inzwischen eingetreten sind: „In unserm modernen Deutschland, oder in dem itzigen verfeinerten Gallien, des Nachts die Fenster offen zu lassen, gehört unter die verbotenen Dinge. - Guter Michel von Montagne! “ 52 Es ist der aus den Vorreden zu Romanen oder aus den Gesprächen mit den Lesern der Magazine bekannte vertrauliche Ton, der Montaigne als einem gedachten Dialogpartner gegenüber angeschlagen wird. In einer witzigen, sich an den eigenen Einfällen amüsierenden Plauderei wird auf die in den letzten beiden Jahrhunderten eingetretenen Veränderungen im Bereich des sozialen Verhaltens verwiesen, und dies geschieht nicht ohne Seitenhiebe auf aktuelle modische Torheiten und Kauzigkeiten. Ein letztes Beispiel für den Kommentar im Causerie-Ton: Ulrich lobt vor allem die Offenheit, mit welcher der Renaissance-Autor über seine Begegnungen mit Kurtisanen spricht - in der Tat ein großes Thema im Journal de voyage! Montaigne verschweigt nicht, welches Vergnügen er im „commerce des femmes“ 53 findet und berichtet ungeschminkt von seinen diversen Erfahrungen in Venedig, Florenz und Rom. Dies unterscheidet ihn nach Ulrich von den aktuellen Reisenden, die ihre erotischen Abenteuer verschweigen und heuchlerisch vorgeben, nur wegen der Museen und Bibliotheken Italien zu besuchen: Was mir am meisten gefällt, ist seine Offenherzigkeit. Unsre vornehme und nicht vornehme Reisende erwähnen ihre Mädchens-Avanturen nicht, ob ich gleich keinen Zweifel habe, dass sehr viele neben den Kunstkammern, Bibliotheken u. d. g. auch die Visiten bey Frauenzimern zu einem Hauptendzweck ihrer gelehrten Reisen machen. 54 Der Besuch bei Damen als „Hauptendzweck“ der gelehrten Reise, das ist eine harte Kritik eines Zeitgenossen an der Praxis der immer beliebter werdenden Italien-Tour! Ulrichs Übersetzung hat trotz dieser amüsanten Auflockerungen keine günstige Aufnahme, weder bei der literarischen Kritik noch bei dem Publikum, gefunden. Das Kalkül, den Text Montaignes durch die Ergänzungen aus Keyßler und Volkmann zu einem für die Italien-Reise brauchbaren guide umzufunktionieren, ging in zweifacher Weise nicht auf. Für den Besuch in Italien griff man gleich - wie Goethe - zu dem Volkmann, einem recht zuverlässigen und gut gegliederten Reiseführer, und nicht zu Ulrichs unübersichtlichem Mischtext. Und die Philologen 104 AArts & Lettres und Liebhaber Montaignes konnten mit seiner geschwätzigen, durch Anekdoten angereicherten Bearbeitung nichts anfangen: Der Text bot zu viel Ulrich und zu wenig Montaigne! Und trotzdem, auch Ulrich hat mit Blick auf die Usancen der kulturellen Szene im 18. Jahrhundert einen bemerkenswerten Beitrag zum „faire revivre Montaigne“ geleistet. Der berühmte französische Montaigne-Forscher Charles Dédéyan rechnet es ihm hoch an, dass dank seiner Initiative Montaignes Journal de voyage so bald nach seiner Entdeckung zusammen mit den Kommentaren Querlons outre- Rhin angekommen ist. 55 Und auch der bedeutendste deutsche Übersetzer Montaignes im 20. Jahrhundert, Otto Flake, betrachtet Ulrich als einen „eifrigen und unterrichteten Mann“, der bei allen unübersehbaren Schwächen seines Werks doch das unbestreitbare Verdienst hat, den lange vergessenen Text Montaignes im deutschen Sprachraum verbreitet zu haben. 56 Zusammenfassung: Bei Michel de Montaignes Journal de voyage (1580/ 81) handelt es sich um einen in Französisch und Italienisch verfassten Text aus der Frühen Neuzeit, der erst im 18. Jahrhundert entdeckt und 1774 von Anne-Gabriel Meunier de Querlon publiziert und kommentiert wurde. Bei den Anmerkungen zu den in Italienisch geschriebenen Passagen unterstützte ihn Giuseppe Bartoli. Bereits drei Jahre später liegt eine anonym erschienene Übersetzung ins Deutsche vor. Ihr Verfasser, der reformierte Prediger Johann Heinrich Friedrich Ulrich, überträgt den Text Montaignes sowie die Kommentare der französischen Erstausgabe. Darüber hinaus fügt er zahlreiche eigene Anmerkungen hinzu. Die deutsche Ausgabe des Tagebuchs bildet somit einen polyphonen Text, in dem sich Montaignes Original aus der Renaissance, die französischen und italienischen Kommentare des 18. Jahrhunderts sowie Ulrichs freie Übertragung und ausführliche Kommentierung aus den Jahren 1777-1779 überlagern, aber auch in komplexer Weise durchkreuzen. Eröffnet wird damit ein frappierender Zugang zu den kultur- und literaturgeschichtlichen Diskursen des späten 18. Jahrhunderts. Résumé: Le Journal de voyage (1580/ 81) de Michel de Montaigne est un texte de l’Époque moderne rédigé en français et en italien qui n’a été découvert qu’au XVIII e siècle. Il a été publié et annoté par Anne-Gabriel Meunier de Querlon. Celuici a été assisté par Giuseppe Bartoli dans les annotations des passages italiens. Trois ans plus tard seulement, une traduction en allemand est parue anonymement. Son auteur, le prédicateur réformé Johann Heinrich Friedrich Ulrich, transmet le texte de Montaigne ainsi que les commentaires de l’édition princeps française. En outre, il y ajoute de nombreuses annotations personnelles. Par conséquent, l’édition allemande du Journal constitue un texte polyphonique dans lequel se superposent l’original de Montaigne datant de l’époque de la Renaissance, les commentaires français et italiens du XVIII e siècle ainsi que la transmission libre et le commentaire détaillé d’Ulrich des années 1777-1779 - et cela, tout en se 105 AArts & Lettres répondant de manière complexe. Ceci offre un accès inédit aux discours de l’histoire culturelle et littéraire de la fin du XVIII e siècle. 1 Überarbeiteter Text eines Vortrags, den ich am 24.01.2013 auf Einladung von Karin Westerwelle im Romanischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gehalten habe. 2 Les Essais de Michel Seigneur de Montaigne. Donnez sur les plus anciennes et les plus correctes Editions, ed. Pierre Coste, Paris 1725. 3 Hierzu mit Dokumentation der Belege: Wolfgang Adam, Verspätete Ankunft. Montaignes Journal de voyage im 18. Jahrhundert. Rezeption eines frühneuzeitlichen Textes, Heidelberg, Winter, 2012 (Beihefte zum Euphorion, 69). 4 Benutzte Ausgaben: Michel de Montaigne, Journal de Voyage, ed. François Rigolot, Paris, P.U.F., 1992 (danach zitiert). Da Rigolots Edition nicht konsequent die Kommentare von Meunier de Querlon (und von Giuseppe Bartoli im italienisch geschriebenen Teil) verzeichnet, gebe ich die Anmerkungen des Herausgebers nach der Erstausgabe: JOURNAL DU VOYAGE DE MICHEL DE MONTAIGNE EN ITALIE, Par La Suisse & L’Allemagne en 1580 & 1581. Avec des Notes par M. de Querlon. 3 Tomes. A Rome; Et se trouve à Paris, Chez Le Jay, Libraire, rue Saint-Jacques, au Grand-Corneille. M. DCC. LXXIV. Grundlegend: Concetta Cavallini: ‚Cette belle besogne‘. Etudes sur le Journal de voyage de Montaigne avec une bibliographie critique, préface de Philippe Desan, Fasano / Paris, Schena Editore / Presses de l’université de Paris-Sorbonne, 2005 (Biblioteca della ricerca. Cultura Straniera, 139). Zu den möglichen Ambitionen Montaignes auf eine Botschafter-Stelle in Rom cf. Philippe Desan, Montaigne. Une biographie politique, Paris, Jacob, 2014, 317sqq., chap. VII: „L’appel de Rome, ou comment Montaigne ne devint jamais ambassadeur (1580-1581)“. 5 Montaigne, Journal de voyage, 109: „Ayant donné congé à celuy de mes gens qui me conduisoit cette belle besoigne, et la voyant si avancée, quelque incommodité que ce me soit, il faut que je la continue moy mesme.“ 6 Ibid., 167: „Assaggiamo di parlar un poco questa altra lingua “; ibid., 227: „Ici on parle François; ainsi je quitte ce langage estrangier [ ] “ 7 Correspondance littéraire, philosophique et critique par Grimm, Diderot, Raynal mai 1772. Notices, notes, table général par Maurice Tourneux, Paris, Garnier frères, 1876- 1882, tome IX, 507. 8 Joseph Prunis, „Lettre adressée aux Auteurs du Journal des Beaux-Arts & Sciences au sujet des Voyages de Michel de Montaigne“, in: Journal des Beaux-Arts et des Sciences, II, supp. 1774, tome V, 328-339, 337. 9 Cf. Ralph Häfner, „Kommentar“, in: Reallexikon der Deutschen Literaturwissenschaft, Berlin / New York, De Gruyter, 2000, II, 298-302, 300. 10 Querlon in: Montaigne, Journal de voyage, I, 172, note a. 11 Michel de Montaigne, Journal de voyage, publié avec une introduction, des notes, une table des noms propres et la traduction du texte italien de Montaigne par Louis Lautrey, Paris, Hachette, 1906, Introduction, 9sq.; Charles Dédéyan, Essai sur le Journal de voyage de Montaigne, Paris, Boivin & C ie , 1946, 163 (Etudes de Littérature étrangère et comparée, 19). 12 Fausta Garavini, „Montaigne, écrivain italien? “, in: Claude Blum (ed.), Etudes montaignistes en hommage à Pierre Michel, Paris, Champion, 1984, 117-129, 128. Aus lin- 106 AArts & Lettres guistischer Perspektive ist Aldo Rosellini zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen: „Quelques remarques sur l’italien du Journal de Voyage de Michel de Montaigne“, in: Zeitschrift für romanische Philologie 83, 1967, 381-408. 13 Bartoli in Montaigne, Journal de voyage, III, 206, n. a; III, 54, n. a; III, 84 n. c. 14 Querlon in Montaigne, Journal de voyage, II, 6sq., n. d. 15 Michel de Montaigne, Journal de voyage, ed. Fausta Garavini, Paris, Gallimard, 1983. 16 Querlon in Montaigne, Journal de voyage, II, 67, n. a; II, 281, n. a. 17 Montaigne, Journal de voyage, 151. 18 Querlon in Montaigne, Journal de voyage, II, 280s, n. c.; Ange Politien, Les Silves, ed. Perrine Galand, Paris, Les Belles Lettres, 1987, 231sqq. (Les Classiques de l’humanisme). 19 Joseph Jérôme de Lalande, Voyage d’un François en Italie, fait dans les Années 1765 & 1766, 8 vols, Venise / Paris 1769 und Richard Abbé, Description historique et critique de l’Italie, 6 vols, Dijon / Paris 1766. 20 Montaigne, Journal de voyage, 223. 21 Querlon in Montaigne, Journal de voyage, III, 437sq. Bartolis Lob des Hauses Savoyen ist noch überschwänglicher (ibid. III, 438, n.c.; Adam, Verspätete Ankunft, 68sq.). 22 Correspondance littéraire, mai 1774, tome X, 430sq. 23 Montaigne, Journal de voyage, 162. 24 So Philippe Desan, „Coste, Pierre“, in: Philippe Desan (ed.), Dictionnaire de Michel de Montaigne, nouvelle édition revue, corrigée et augmentée, Paris, Champion, 2007, 259. 25 Lautrey, „Introduction“, 11, n.1. 26 Cf. auch die zutreffende Einschätzung von Concetta Cavallini: „Il pieno Illuminismo, periodo in cui Montaigne era considerato dai Philosophes il prototipo della perfezione laica, il Journal de Voyage presentativa l’autore in una luce nuova. Fedele seguace della religione cristiana, tanto da lasciare un ex-voto alle Vergine di Loreto per la salute di sua figlia e da baciare i piedi del papa, Montaigne tradiva con la sua immagine nuova i precetti stessi della laicità e della filosofia“ (Concetta Cavallini, „‚Un monument d’érudition dont on n’aura jamais assez souligné l’importance‘: Alessandro D’Ancona e la sua edizione del Journal de Voyage di Montaigne (1889)“, in: Annali della Facultà di lingue e letterature straniere, terza serie, 16, 2002-2003, 264-271, 268). 27 Cf. z. B. Montaigne, „Des Boyteux“, Essais, III, 11: „J’ay veu la naissance de plusieurs miracles de mon temps. Encore qu’ils s’estouffent en naissant, nous ne laissons pas de prevoir le train qu’ils eussent pris, s’ils eussent vescu leur aage“ (zit. nach: Montaigne, Les Essais, ed. Jean Balsamo / Michel Magnien / Catherine Magnien-Simonin, Paris, Gallimard, 2007, 1073 (Bibliothèque de la Pléiade); cf. hierzu Wolfgang Adam, Wunder in Michel de Montaignes ‚Journal de voyage‘“, in: Christoph Strosetzki (ed.), Mirabiliratio. Das Wunder im Zugriff der frühneuzeitlichen Vernunft, Kolloquium Münster 15.-18. Dezember 2013, Heidelberg 2015 (im Druck). 28 Querlon in Montaigne, Journal de voyage, II, 250, n. b. 29 Mercure de France, juillet 1774, Journal de voyage de Michel de Montaigne en Italie , vol. II, p. 116-120; Correspondance littéraire, mai 1774, tome X, 430-349; Le Journal des Sçavants, juin 1776, 397-399; cf. auch: Jacques Joseph Marie Decroix, L’ami des arts ou justification de plusieurs grands hommes, Amsterdam 1776, 217. 30 Michael von Montagne Reisen durch die Schweiz, Deutschland und Italien. In den Jahren 1580 und 1581. Aus dem Französischen. Mit Zusätzen. Erster Band: Enthält die Reise vom Schlosse Montagne bis Rom. Zweiter Band: Enthält die Reise von Rom bis nach dem Schlosse Montagne. Halle, bey Johann Christian Hendel, Bd.1: 1777, Bd. 2: 1779, 107 AArts & Lettres Paris, BnF, Fonds Payen (Sign: Res Z Payen - 432/ 433). Zu Jean-François Payen cf. den Artikel von Philippe Desan im Dictionnaire de Montaigne, 881sq. und Marcella Leopizzi, Michel de Montaigne chez le docteur Payen. Description des lettres et des ouvrages concernant Montaigne dans le Fonds Payen de la Bibliothèque nationale de France, Fasano / Paris, Schena Editore / Lanore, 2007 (Biblioteca della ricerca, Bibliographica, 9). 31 Carlo Denina, La Prusse littéraire sous Frédéric II , Berlin 1791, tome 3, 424. Weitere Belege mit Werkverzeichnis von Ulrich bei Adam, Verspätete Ankunft, 101sqq., 194sqq. 32 [Johann Heinrich Friedrich Ulrich], Trauer-Predigt zum Gedächtniß des Hintritts Fridrichs des Zweiten , Berlin, Bergemann, 1786. 33 Moralische Encyclopädie von Johann Heinrich Friedrich Ulrich, reformirtem Prediger an dem Charitéhause, und beym Invalidenkorps in Berlin, 3 Theile, Berlin / Stettin, Pauli, 1779-1780. 34 Mit dem Phänomen des Gallotropismus beschäftigt sich ein auf drei Jahre angelegtes DFG/ ANR-Projekt „Gallotropisme et modèles civilisationnels dans l’espace germanophone (1660-1789)“, das von Jean Mondot (Bordeaux) und mir geleitet wird. 35 Gottfried Wilhelm von Leibnitz, Philosophische Werke nach Raspens Sammlung. Aus dem Französ. m. Zusätzen und Anmerkungen von Johann Heinrich Friedrich Ulrich, Halle 1780; Ueber die Philosophie des Kanzler Franz Bako. Voran seine Lebensgeschichte. Nach dem Französischen, Berlin, Eisfeld, 1780; Nicolas Malebranche, Von der Wahrheit, oder von der Natur des menschlichen Geistes, und dem Gebrauch seiner Fähigkeiten, um Irrthümer in Wissenschaften zu vermeiden. Sechs Bücher . Aus dem Französischen übersetzt, und mit Anmerkungen herausgegeben von einem Liebhaber der Weltweisheit, Halle, Johann Christian Hendel, 1776-1780. 36 Maurice Rat, „Introduction“ [zum Journal du voyage], in: Montaigne, Œuvres complètes, textes établis par Albert Thibaudet et Maurice Rat, introduction et notes par Maurice Rat, Paris, Gallimard, 1962 (Bibliothèque de la Pléiade), 1101-1106, 1106. 37 Ulrich, Michael von Montagne Reisen, I, unpag. 38 Zu Johann Friedrich Poppe cf. Denina, La Prusse littéraire, tome 3, 162; Ulrich, Reisen, II, unpag. 39 Valentin Heinrich Schmidt / Daniel Gottlieb Gebhard Mehring, Neuestes gelehrtes Berlin; oder literarische Nachrichten von jetzt lebenden Berlinschen Schriftstellern und Schriftstellerinnen, Berlin 1795, Zweiter Theil, 103. 40 Ulrich, Reisen, I, 210. 41 Ulrich, Reisen, I, 212. 42 Im ersten Band der Übersetzung hat Payen in seinem Handexemplar auf mehreren vor dem Titel eingefügten Blättern Lesenotizen festgehalten und zahlreiche Randbemerkungen in den Text eingetragen. Eine kurze Beschreibung des Exemplars befindet sich bei Gabriel Charles Marie Richou, Inventaire de la collection des ouvrages et documents réunis par J. - F. Payen et J.-B. Bastide sur Michel Montaigne, Paris, Librairie de Léon Téchener, 1878, 25sq. Ausführlich dazu Cavallini, La belle besogne, 101sq., 241. 43 Ulrich, Reisen, I, unpag. 44 Joseph Addison, Anmerkungen über verschiedene Theile von Italien ec. Aus dem Englischen des Herrn Addison übersetzt, Altenburg 1752; Johann Georg Keyßler, Neüeste Reise durch Teutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien, und Lothringen , 2 Bde, Hannover 1740/ 41, 2. Aufl. 1751, 3. Aufl. 1776; Johann Jacob Volkmann, Historisch-kritische Nachrichten von Italien Aus den neuesten französischen und englischen Reisebeschreibungen und aus eigenen Anmerkungen zusammengetragen, 3 Bde, Leipzig 1770/ 71. 108 AArts & Lettres 45 Ulrich, Reisen, I, 437, Anm. b; Montaigne, Journal de voyage, 129. 46 Ulrich, Reisen, I, 302sq., Anm. f. 47 Cf. hierzu Jean-Louis Bourgeon, Montaigne et la Saint-Barthélemy, in: Bulletin de la Société des Amis de Montaigne, 37-38, 1994, 101-112, 101: „Tous les lecteurs de Montaigne savent que les Essais ne mentionnent même pas cet événement partout retentissant. Et ce silence - évidemment diplomatique - intrigue d’autant plus que le massacre parisien des 24-30 août 1572 connut à Bordeaux un rebondissement tardif, les 3-5 octobre, y faisant quelques 250 victimes“. Auch im Journal de voyage herrscht „ce silence diplomatique“. Cf. auch Géralde Nakam, Montaigne et son temps. Les événements et les Essais. L’histoire, la vie, le livre, Paris, Gallimard, 1993, 188sq („Le silence sur la Saint-Barthélemy“) und generell zu diesem zäsuralen Ereignis: Denis Crouzet, La nuit de la Saint-Barthélemy. Un rêve perdu de la Renaissance, Paris, Le Grand livre du mois, 1999 sowie Frank Lestringant, Saint-Barthélemy, in: Dictionnaire de Montaigne, 1037. 48 Diese Formulierung benutzt Goethe in dem Vorwort zu: Der deutsch Gil Blas. Eingeführt von Goethe. Oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses. Von ihm selbst verfaßt, nach dem Text der Erstausgabe von 1822, mit einem Nachwort von Wulf Segebrecht, München, Winkler, 1964, 10. 49 Montaigne, Journal de voyage, 15sq.; Querlon in Montaigne, Journal de voyage, 46sq., n. c. 50 Querlon in Montaigne, Journal de voyage, I, 106sq., n. b. 51 Ulrich, Reisen, I, 152, Anm. q. 52 Ibid. 53 Querlon, „Discours préliminaire“, in: Montaigne, Journal de voyage, ed. Rigolot, 313. 54 Ulrich, Reisen, II, 63, Anm. n. 55 Dédéyan, Essai sur le Journal de voyage, 21. 56 Otto Flake, „Einleitung zu Montaignes Reisetagebuch“, in: Michel de Montaignes Gesammelte Schriften, historisch-kritische Ausgabe mit Einleitungen und Anmerkungen unter Zugrundelegung der Übertragung von Johann Joachim Bode, hrsg. von Otto Flake und Wilhelm Weigand, 8 Bde, München / Berlin 1908-1915, Bd. 7: Reisetagebuch, übersetzt und eingeleitet von Otto Flake, München / Leipzig, Georg Müller, 1908, 18.